Auch in seinem MERETRIO hält Gitarrist Emiliano Sampaio alle Fäden in der Hand. Mit facettenreichen und doch recht klassischem Jazz-Ton spielt er hier in einer fürs Genre typischen Besetzung auf, in der sich niemand zurücklehnen darf, aber auch zu keiner Sekunde am Limit agiert wird.
Aller Tradition zum Trotz nimmt sich der Bandleader heraus, auch mal Slidegitarre zu zocken ("Bandit" mit Western-Stimmung) und lädt einen die Härchen an den Armen aufrichtenden Bläser ein, um die Ballade "Minas" sowie den seinem Titel gerecht werdenden "Small Blues" zu veredeln. Hier und zu jeder anderen Gelegenheit schwingt auf "Óbvio" eine entschiedene Eleganz mit, die so gar nichts mit Piefigkeit oder verstocktem Genre-Mief zu tun hat.
Getreu seiner Herkunft findet Emiliano oftmals einen tänzerischen Ausdruck ("Borges", "Valsa"), lässt sich aber auch wiederholt zu eindrucksvollen (De-)Crescendi wie in "Why Not" hinreißen, an deren Gelingen auch die sehr dynamische Produktion beteiligt ist. Man wähnt sich im Auge der drei Musiker, die trefflich miteinander korrespondieren und zwischendurch andeutungsweise, am Ende bei "Simples" allerdings ausdrücklich durch elektrisch knisternden Fusion-Stoff überraschen, der sich zum Erneuern des Genres aufdrängt.
Wenn das Trio beim nächsten Mal noch synthetische Klangerzeuger oder gar einen DJ hinzuzieht, winken Alex Gunia und PEACE am Horizont … Wird mal wieder Zeit für ein so grenzsprengendes Ensemble, und das MERETRIO hätte das Zeug dazu.
FAZIT: Toller Gitarrenjazz am Puls der Moderne mit sagenhaft gut aufspielender Rhythmusgruppe, intimem wie extrovertiertem Charakter.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.08.2016
Gustavo Boni
Emiliano Sampaio
Luis Andre Gigante
Heinrich Von Kalnein (Flöte, Saxofon)
Session Work / harmonia mundi
46:58
12.08.2016