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Flight Brigade: Our Friends Our Enemies

Stil: Indie-/New-Art-Rock/Shoegaze

Cover: Flight Brigade: Our Friends Our Enemies

Es mutet immer etwas merkwürdig an, wenn man bei der Recherche zu einer Band im Netz fast ausschließlich auf „Kritiken“ stößt, die bestenfalls milde Varianten und Versatzstücke des gleichen euphorischen Grundlagentextes bieten. Im Falle der FLIGHT BRIGADE heißt das, wir stellen ein siebenköpfiges Musikerkollektiv dar, von fast familiärem Zusammenhalt, dessen Musik sich in Areale wie die von ARCADE FIRE und OF MONTREAL vortastet und mehr offerieren will als „schlichte Liebeslieder“. Wo bereits die BEATLES schon gestern wussten, dass scheinbar einfache Lieder zu den verschiedenen Stadien der Liebe so simpel gar nicht sind. Frag‘ Jude oder lass es sein.

Nun erscheint das Debüt der Band aus Hampshire erst am vierzehnten Oktober, zahlreiche Vorabkritiken sind also gar nicht zu erwarten, doch diese multiplen und ewiggleichen Jubelarien lenken davon ab, dass FLIGHT BRIGADE derartiges künstliches Pushen gar nicht nötig haben.

Denn „Our Friends Our Enemies“ besitzt durchaus emotionale Wucht. Die Mittel sind nicht neu, die Melodien auch nicht immer, manches klingt nach dem bekannten Song „Habe ich irgendwo schon mal gehört“, doch wie die Musiker ihre Ressourcen verwerten und aufarbeiten ist gekonnt und stimmig. Das beginnt mit flirrendem Shoegaze („39 Steps“) und bleibt gefühlvollem Alternative-/Wave-Rock mit geschmeidigen Instrumentalisten, die ihr Handwerkszeug eher streicheln als heftig traktieren, über weite Strecken treu. So etwas mag man gerne in gut gemachten romantischen Komödien zur Untermalung dramatischer Stellen. Die Verbindung von männlichem und weiblichem Gesang sorgt für üppiges Folkrock-Feeling mit einem Touch Laurel Canyon („Children Of Ohio“).

Überraschenderweise schwingt sich die Musik zur Mitte, mit dem herausragenden Titelstück, in dramatische New-Art-Rock-Sphären empor, sehr nachbarschaftlich zu GAZPACHO. Die Geschichte um Tschechische Arbeiter, die in den Vierzigern Patronen für die deutschen Besatzer herstellen mussten, wird musikalisch eindrücklich und höchst spannend nacherzählt.

Leider flacht das Album mit den banalen, wenn auch gefälligen, „When We Were Young“ und „Phantom“ ab, bevor das atmosphärische „When The Water Whispers“ wieder die Stärken der Band zum Vorschein bringt, hochmelodische, emotionale Songs mit Wucht und großer Geste vortragen zu können. „Thick As Thieves“ ist ein beseeltes Gute-Nacht-Lied zum schmerzvollen, schön kitschigen Abschied/Ausstieg.

FAZIT: Sehr ansprechendes Debüt, dass sich nicht scheut gefühlsmäßig auf die Tube zu drücken. Die im ersten Absatz erwähnten Bands müssen nicht zwingend zum Vergleich herangezogen werden, eher bieten sich COLDPLAY (nicht ganz so hymnisch und schon gar nicht so weinerlich) und die formidableren GAZPACHO an.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.10.2016

Tracklist

  1. 39 Steps
  2. House Fire
  3. Hurricane Season
  4. U Kill Me
  5. Tearaway
  6. Our Friends Our Enemies
  7. Children Of Ohio
  8. When We Were Young
  9. Phantom
  10. When The Water Whispers
  11. Thick As Thieves

Besetzung

  • Bass

    Tom Clay

  • Gesang

    Oliver Baines, Miriam Baines, Dorry Macaulay Jonny Barker

  • Gitarre

    Thomas Pink

  • Keys

    Miriam Baines, Jonny Barker

  • Schlagzeug

    Neil Blandford

  • Sonstiges

    Dorry Macaulay (Violin)

Sonstiges

  • Label

    Rebel Cinema Records

  • Spieldauer

    44:24

  • Erscheinungsdatum

    14.10.2016

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