Wenn mitten in Österreich die PIXIES gemeinsam mit den SONIC YOUTH einen Haufen SUGARCUBES um sich werfen würden, während die B52‘s zum musikalischen Beobachtungsflug am Himmelszelt ansetzen, dann sind HELLA COMET mit ihrem „Dreampop für den Unterleib“, der sich nach wilden Stoner-, Psyche- und Punkrock-Klängen rhythmisch immer schneller bis zum O(h)rgasmus bewegt, nicht weit.
Welch Glück, dass auch heute noch mit so viel rotziger Unbekümmertheit der pure Hirnfick direkt durch unsere von viel zu viel Musik-Mainstream-Schmalz zugekleisterten Gehörgänge funktioniert und dabei ordentlich den Hammer auf den Amboss pfeffert. Auf „Locust Valley“ darf vom Shoegaze bis Post-Rock, Indie bis Punk, rumpelnden Bässen, statischen Schlagzeug-Eruptionen und heavy drauflosschrammelnden Gitarren sowie eine weibliche Stimme, die zwischen Erotik und Aggressivität mit allen Facetten spielt, all das rausgelassen werden, was man zwar gerne, aber wahrscheinlich fast nie im Radio hört.
Punk ist tot?
Quatsch!
Zumindest nicht bei HELLA COMET!
Nur authentisch muss man bleiben. Das ist das oberste Gebot. Und an dieses halten sich HELLA COMET rundum. Darum gibt‘s „Locust Valley“ auch als eine wunderschön gestaltete LP zu erstehen, die nicht nur strikt auf 500 Stück limitiert ist, sondern der gleich noch die CD-Ausgabe des Albums und ein entsprechender Download-Code beiliegen. Die Liebe für‘s Detail beginnt mit der Musik von „Locust Valley“ und endet erst mit solch ansprechender Verpackung.
Gesamtkunstwerk nennt man so etwas.
Und genau diesen Begriff hat das 2016er-Album der jung(geblieben)en Grazer Band auch verdient. Selbst wenn sie sich auf dem einen oder anderen Song noch ein wenig zu sehr austoben oder manchmal ein wenig den roten Faden verlieren und bei all den Stimmungswechseln recht abrupt zur Sache gehen, so bleiben sie doch eine Ausnahmeerscheinung, die sich an ihren Instrumenten und bei aller Vokalakrobatik keine Grenzen setzt, sondern fleißig drauflosexperimentiert.
Das darf dann im Falle von <a href="https://www.youtube.com/watch?v=CNx8Crxqaik" rel="nofollow">„Swim“</a> mal etwas eingängiger, beim mit gut 5 Minuten längsten Song „Idiots And Slavery“ deutlich härter und psychedelischer oder auf „Fortunate Sleepers“ fast ruhig-balladesk und sehr verträumt klingen, bis es plötzlich in Richtung Post-Rock abdriftet.
Und um aller Verrücktheit noch einen draufzusetzen, verabschieden sich HELLA COMET mit „Conk Out“, einem schwer atmosphärischen Instrumental, das selbst ein BRIAN ENO mit FRIPP-Unterstützung auf seinem Kult-Album „Another Green World“ nicht besser hinbekommen hätte.
Unfassbar! Aber klar und wahr.
Wer nach solchem Abgang keine Gänsehaut hat, der braucht Viagra für die Ohren, denn da muss irgendwas abgestorben sein, was sich schnellstens wieder aufrichten sollte. Vielleicht die Ohr-Schnecke, die früher mal eine Muschel war. Ein guter Anfang wäre das schon einmal. Willkommen im „Tal der Heuschrecke“ - lassen wir sie ordentlich fliegen mit allem, was man auf der schönen, bunt gestalteten Spielwiese des Rocks entdecken kann, so lange er sich nicht in selbstverliebter Eitelkeit suhlt. HELLA COMET platzieren gezielt einen dicken Haufen auf die so farblos erscheinenden Radio-Gänseblümchen.
FAZIT: Oftmals übertreiben Promo-Schreiben ja, aber in diesem Falle kann ohne Bedenken dem ersten Satz darin zugestimmt werden: „‘Locust Valley‘ ist ein vielfarbiges Album Rockmusik, reich schattiert an Stimmungen, zusammengehalten von einem Hang zur großen, mächtigen Wall of Sound, die von Punkrock-Gitarren durchschnitten wird.“
Manchmal müssten die Farben aber noch ein bisschen besser angeordnet und gemischt werden. Ansonsten „Chapeau“ für solch ein gelungenes Album!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.09.2016
Lea, Frente, Jure, Slobo
Noise Appeal Records / Hoanzl / Sounds Of Subterrania / Cargo
38:10
08.09.2016