Was die beiden Kollegen zu den Vorgängerwerken schrieben, besitzt auch heute noch Gültigkeit. Ein weitgehend totes Genre gebiert wieder eine seiner rar gewordenen Perlen – eine Metalcore-Platte, die man tatsächlich reuelos hören kann.
Wobei der Blick durch das MARILLION-Gedächtnis-Teleskop keine maßgeblich neuen Erkenntnisse bringt. HIGH HOPES bestechen nach wie vor durch ihr unaffektiertes Auftreten und das Wissen darum, wie man Härte und Melodie präzise und effektiv inszeniert, ohne gleich wie das nächste coole Ding dazustehen. An Nick Brooks’ Gebrüll ist nichts Ungewöhnliches oder Besonderes, doch er begleitet Songs, die passagenweise hymnische Wirkungskraft besitzen, weil der Leadgitarrist ihnen wunderschöne Leitmelodien aufstempelt, die vor Melancholie zerbersten. Und die trotzdem nicht kitschig klingen, weil der Rhythmusgitarrist von Weichspülerei nicht viel hält.
Die Zwischenspiele „Pale Blue Dot“ und „Nostalgic Thoughts“ sind trotz der ohnehin sehr kurzen Spielzeit mit Bedacht in das Album integriert worden, das nicht von ungefähr einen Namen mit der Post-Band SIGHTS & SOUNDS teilt, denn Poststrukturen legen sich auch deutlich in der Stimmung nieder (etwa im Opening von „Defender“ oder dem abschließenden Titelstück, das jedem Sonnenuntergang dienlich wäre). Umso kräftiger gehen die gar nicht mal schnellen, aber doch schweren Härtepassagen in die Magengrube. Sie ergänzen die Leitmelodien jedenfalls gut, wenngleich man ihnen vorwerfen muss, dass sie spielerisch betrachtet den Teil des Karrens bilden, der noch im Genresumpf steckt – Außergewöhnlichkeit strahlen sie im Gegensatz zum ersten Gitarristen eben nicht aus.
So lässt sich eine gewisse Gleichförmigkeit zwar nicht leugnen. Zur fehlenden Variabilität des Vokalisten gesellt sich die immer ähnliche Funktionsweise der Songs, doch hier macht sich die Kürze wiederum positiv bemerkbar. Die letzte Pianotaste ist verklungen, bevor man ernsthafte Gedanken über Redundanz bildet. Zur Offenbarung reicht das nicht, doch auf diesem Gebiet reichen kleine Schritte, um aus der Masse zu ragen.
FAZIT: Metalcore starb aus ähnlichen Gründen wie Nu Metal: Einer wollte cooler sein als der andere. Hohe Hoffnungen bleiben hingegen am Leben, weil sie an die Wirkung des eigenen Ausdrucks glauben und nicht an die sinnleeren Posen in einem Possenspiel.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.02.2016
Shaun Flanagan
Nick Brooks
Nathan Pryor, Krishan Pujara
Daryl Pryor
Victory Records
31:09
05.02.2016