Erst kollidierten auf dem ersten Album von JENNY WEISGERBER die Welten in „When Worlds Collide“ und nun wird auf „Ashes To Stardust“ Asche zu Sternenstaub. Es sind nicht gerade die lebenslustigen Momente, denen sich die Berlinerin auf ihren Alben widmet. Das brachte ihr allerdings auch ganz schnell nach ihrem Debüt sehr hochtrabende Kritiker-Vergleiche mit NORAH JONES (Rolling Stone) oder HEATHER NOVA (Visions) ein, die bei Weisgerbers Gesang und dem gefühlvollen Piano- und Gitarren-Spiel durchaus Berechtigung haben.
Viel Melancholie und Trauer begleiten uns auf „Ashes To Stardust“, bei denen die akustische Gitarre und die zart-zerbrechliche, wunderschöne Stimme von JENNY WEISGERBER dominieren, mit der sie Texte singt, welche sofort zu Herzen gehen und einen nachdenklichen, manchmal bedrückten, manchmal auch positiv gestimmten Zuhörer entlassen. Wer „Ashes To Stardust“ hört, sollte sich bewusst machen, dass Musik und Text gleichberechtigt nebeneinander stehen und man beiden sehr viel Aufmerksamkeit zuwenden sollte.
Glaubt man der Promo-Info, dann ist „inzwischen aus dem Mädchen mit der sinnlich angehauchten Kristallstimme und dem perlig feinen Gitarrenspiel eine kosmopolitische Frau mit unverkennbar eigenem Stil geworden“. Ein Stil allerdings, der sich deutlich an den großen Liedermacherinnen aus Vergangenheit (JOAN BAEZ) und Gegenwart (SUZANNE VEGA) orientiert. Allerdings ausschließlich an deren ruhigen Phasen, selbst wenn „All The King‘s Horses“ eine Ausnahme darstellt, fast lustig klingt und mit so freudvollen Zeilen wie „Shalalalala / It‘s my lucky day“ überrascht.
Auch dürfen auf „Ashes To Stardust“ sogar gedämpft eine Trompete und mit Besen „gestreicheltes“ Schlagzeug vor sich hinschmachten und dem Song eine gewisse Bar-Jazz-Note verleihen, den, neben dem traurigen Text und Gesang, hintergründig Synthie-Flächen und vordergründig ein Piano begleiten. Doch wenn dann die Trompete überraschend zum großen Solo ansetzt, nimmt uns die sich zu Sternenstaub verwandelnde Asche völlig gefangen.
Der beste Song des Albums.
Aber auch „What Is This Love“ lässt uns traurig aufhorchen und der Geschichte übers Älterwerden folgen, die ausgezeichnet <a href="https://www.youtube.com/watch?v=OBIewZyP-gc" rel="nofollow">in dem anfangs banal wirkenden Video</a> dazu umgesetzt wird: „I carry a cross / That I don‘t know / And battle scars / That I don‘t show“.
Wenn sich JENNY WEISGERBER im letzten Song auch noch von Gott verlassen fühlt, der wohl seinen Weg in Richtung Licht fortsetzt, die Menschen aber im Dunklen zurücklässt, dann erahnt man in etwa die melancholische Grundstimmung des Albums, das nicht umsonst konsequent schwarz-weiß gestaltet wurde. Ähnliches gilt auch für die 14 Songs darauf.
Leider krankt das Album zugleich an dem Problem, welches man immer wieder bei vielen Songwriter(inne)n feststellt, nämlich das Sich-Festlegen auf eine bestimmte Stimmung.
Im Falle von „Ashes To Stardust“ ist es die traurige Melancholie.
Das Leben aber hat mehr Facetten aufzuweisen, als diese musikalische Stunde emotionaler Nachdenklichkeit. Es ist nicht so schwarz-weiß wie es uns bereits das Cover zu vermitteln versucht.
Wie gerne würde man auch einmal durchatmen, wieder ein Lächeln über das nachdenkliche Gesicht ziehen lassen, welches man während des Hörens von JENNY WEISGERBER irgendwann unwillkürlich aufsetzt. „Ashes To Stardust“ ist mehr etwas für Trauerklöße, nichts für wirklich lebensfrohe Zeitgenossen. Doch auch die machen sich Gedanken. Auf eine andere Art zwar, aber trotzdem genauso tiefgründig.
Schade, dass man genau die im Sternenstaub nicht wiederfindet, sondern nach ihnen höchstens in der Asche graben muss.
FAZIT: Wenn JENNY WEISGERBER ihre wundervolle, kristallklare Stimme erhebt und dazu Gitarre und Piano einstimmen, dann fühlt man die Wärme der Musik, aber auch eine fast dauerhafte Melancholie, die nicht nur fesselt, sondern auch bedrückt. Zwar ist „Ashes To Stardust“ sehr breit instrumentiert, aber von der Stimmung her zu stark auf die traurigen Momente unseres Daseins konzentriert.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.06.2016
Jenny Weisgerber, Marcel Bell, Christopher Bolte, Florian Kolditz, Colin Bass, Elisabeth Goering
Jenny Weisgerber, Dirk Homuth, Eugene Ruffolo
Jenny Weisgerber, Marcel Bell, Florian Kolditz, Marc Haussmann
Finlay Panter
Ayumi Paul (Violine und Backing Vocals), Marcel Bell (Akkordeon), Gregor Lener (Trompete), Isabelle Klemt, Franziska Kraft (Cello),
RecordJET / Soulfood
62:55
03.06.2016