Wenn Musik eine reine Philosophie wäre, dann würden sich so einige Hardcore-Philosophen an diesem Bandnamen ihre vom Grübeln gelb verfärbten Zähnchen ausbeißen, während ihnen der Ohrenschmalz auf den klebrigen Griffel tropft.
Da können wir einen drauf LASSEN.
Wenn dann die von allen guten Geistern verLASSENe deutsche Band auch noch ihre EP in Zeiten, in denen man nur noch als „in“ gilt, wenn man dagegen ist, „Wir sind dafür“ nennen, dann sollte man unbedingt mindestens ein philosophisches Quartett bilden, um dieses Trio, das die Weisheit der drei Affen mithilfe von drei Kopfhörern umsetzt, deren Bügel nicht auf ihrer Birne fixiert ist, sondern ihre Augen verdeckt, zu verstehen, zu durchschauen, zu durchdringen.
Oder man hört den Jungs einfach richtig zu und hat Spaß an dem, was einem da aus den Boxen entgegenschallt, selbst wenn vieles davon doch ziemlich amateurhaft klingt.
Wer bei LASSEN nicht geLASSEN bleibt, der sollte es ganz LASSEN!
So einfach, so gut, so LASSEN!
Mit ihrer ersten EP „Wir sind dafür“ stellt sich das junge Musiker-Trio aus dem Osnabrücker Umfeld den sicher schon nach dem ersten Song immer kritischeren Hörern vor. Denn schließlich gibt es dermaßen viele Bands, die sich am Deutsch-Rock abarbeiten und es dann früher oder später doch besser sein LASSEN. Auch was uns die Drei hier zu bieten haben, ist zwar leidenschaftlich Gewolltes, aber am Ende nur gerade so mittelmäßig Gewordenes. Am ehesten haben sich LASSEN wohl in der „Hamburger Schule“ eingeschrieben, um da ein wenig zwischen BLUMFELD und TOCOTRONIC die musikalische Schulbank zu drücken. Ihre Noten sind dabei so Dreien und Vieren, reichen aber, um durchzukommen.
Ganz ähnlich klangen damals ROCKHAUS als die noch von „Bonbons und Schokolade“ sangen. Allerdings sind die heute eine ganz schön große Nummer, wenn es um anspruchsvollen Rock mit guten deutschen Texten geht. Ähnliches wünscht man auch LASSEN, die ihre vier Songs in ihren „drei Wohnzimmer-Studios in Oldenburg, Bremen und Stade aufgenommen, via Dropbox ausgetauscht, gemischt und gemastert“ (Originalton des singenden Bassisten) haben, um diese dann exklusiv auf <a href="http://lassenband.bandcamp.com" rel="nofollow">Bandcamp</a> und <a href="https://soundcloud.com/lassenband/sets/wir-sind-dafuer-ep" rel="nofollow">als Stream auf Soundcloud</a> zur Verfügung zu stellen.
„Wir sind dafür“ hat einen fast punkigen Grundrhythmus, der auch vom etwas naiv daherkommenden Text die Selbstverliebtheit des alter Ego auf‘s Korn nimmt. Besonders interessant ist dabei die Gitarrenarbeit, an der man erkennt, dass den Musikern KING CRIMSON definitiv nicht fremd ist.
In „Flügel“ rückt sich dann der Bass mehr in den Vordergrund und verbreitet wie der gesamte Song eine etwas melancholische Stimmung. Wenn der Gesang jetzt noch etwas besser rüberkommen würde, eine spezielle Note hätte, dann wäre „Flügel“ ein echter Bringer, auch weil der Text bei weitem nicht auf ähnlich banalen Aussagen wie „Wir sind dafür“ basiert.
„Stop“ lässt die Gitarre mal richtig rocken und rechnet mit der Hektik des Alltags ab, dem man sich auszusetzen hat: „Es schreit die Zeit, ich kämpfe nicht, es ist nun Zeit, zu gehen für mich.“ Na ja, die gute Absicht ist wieder deutlich erkennbar. An einer besseren Umsetzung sollte aber unbedingt noch gearbeitet werden.
Mit harten Rock-Rhythmen beginnt auch die Uptempo-Nummer „Lass es laufen“. Der Text richtet sich an eine jüngst verflossene Liebschaft, die noch immer im Kopf ihre Stimme und im Bett eine Delle hinterließ. Dazu ein paar knackige Beats und Gitarren-Riffs und schon ist der Song im Dropbox-Kasten.
Und was soll man dazu noch sagen?
„Ich bin dafür“, dass man LASSEN durchaus ein wenig Aufmerksamkeit (Es ist ja gerade mal eine knappe Viertelstunde!) schenkt, sich die vier rockigen Songs mit deutschen Texten anhört, den Jungs viel Glück für ihre musikalische Zukunft, die sie eben nicht nur via Dropbox gestalten sollten, wünscht und darauf wartet, was sie auf ihrem weiteren Musik-Weg zustande bringen. Fast cool wäre es, wenn sie ihre nächste EP „Wir sind dagegen“ nennen würden. Ich bin jedenfalls dafür!
FAZIT: Wollen wir sie reinLASSEN? Oder sollen sie es seinLASSEN?
Auf jeden Fall sollten wir uns darauf einLASSEN, wenn man sich für deutschsprachige Rockmusik interessiert!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.03.2016
Lars Lemming
Lutz Dammerhammer, Lars Lemming, Jott Pe
Jott Pe
Lutz Dammerhammer
Eigenpressung und Vertrieb
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24.01.2016