Ehrlich, "Beautiful Things" war 2004 ein ziemlicher Schuss in den Ofen, doch die über zehn Jahre währende Studiopause tat Lee Aaron hörbar gut, wie sie nun beweist, nachdem sie wohl niemand mehr auf dem Schirm hatte. Die Grande Dame des Eighties-Hardrock lässt 2016 nichts anbrennen und reicht ein würdevolles Alterswerk ein.
Wobei … das klingt fast respektlos in Anbetracht der Tatsache, dass "Fire And Gasoline" wie aus der Zeit gefallen und dennoch zeitgenössisch anmutet. Dazu braucht man nicht nur das funky Titelstück heranzuziehen, denn auch das speedige, nicht gewollt jugendliche "Wanna Be" und das ebenfalls treibende "Bad Boyfriend" (mit einer ziemlich coolen Hookline) könnten von einer frischen Band stammen, die sich eben auch wie Aaron von der hohen Riege der Songwriter und Produzenten unter die Arme greifen lässt.
Davon zeugt das wohl auch im Pop-Kontext funktionierende "Bittersweet" mit verspielter Clean-Gitarre, womit die Chanteuse Mainstream vom Feinsten mit 80er-Note bietet, wohingegen "If You Don't Love Me Anymore" im Endspurt mit fast Springsteen-mäßigen Heartland-Rock überrascht. Zum Schluss hin wird es wohlgemerkt ein bisschen zu leutselig ("Heart Fix", "Nothing Says Everything"), aber dank der gar nicht mal unerhebliche Texte (höre das kritische "Popular" und das leicht bluesige "50 Miles") lässt man sich das ein Stück weit gefallen. Immerhin zählt die Zielgruppe vermutlich sowieso zu den gesetzten Semestern, von daher …00
FAZIT: Lee Aaron zeigt sich auf ihrem Quasi-Comeback auf eine Weise gealtert, die sie nicht dazu zwingt, ihren Biss aufzugeben, und auch keine krampfhaft juvenilen Anwandlungen notwendig macht. Das Songmaterial auf "Fire And Gasoline" hat Hand und Fuß, wirkt relativ zeitlos und befindet sich auf Augenhöhe mit dem, was beispielsweise auch Melissa Etheridge zuletzt einreichte. Im Vergleich wirkt etwa Lita Ford aktuell regelrecht kindisch.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.04.2016
Big Sister Records / ILS / Caroline
47:56
23.03.2016