So ambitioniert, wie es der Bandwurm-Titel dieses Albums suggeriert, scheinen die Schöpfer der darauf enthaltenen Musik auch in der Tat zu sein, allerdings ohne sich in ihrem Ehrgeiz einen Bruch zu heben, denn letzten Endes erscheint das augenfällige Konzept, das hinter der Platte steckt, von vorn bis hinten durchdacht zu sein.
Zum "Zahl, was du willst"-Preis, also gratis bei Bandcamp zu bekommen, kristallisiert sich "Lost Between Mounts And Dales / Set Adrift In The Flood Of People" als wirklich zwingendes Instrumentalalbum der erfrischenderweise nicht monumentalen Art aus dem grobkörnigen Szene-Wust heraus. LILIUM SOVA komponierten kompakt, indem sie mehrere Tableaus oder Vignetten nur geringfügig länger geratenen Stücken gegenüberstellen, wie ein um rurales Tal und eine umtriebige Stadt zu konterkarieren. Dies stellt schließlich auch der Titel in Aussicht, beziehungsweise die Trennung in je vier und sechs Stücke deutet es an.
Dennoch schufen die Genfer ein Gesamtwerk, bloß dass es eben janusköpfig ist. Das Cello macht den besonderen Reiz dieser Musik aus, wobei man übrigens im besten Sinn von Cello Rock sprechen darf, den man seit APOKATASTASIA nicht mehr so originell vernommen hat. Ausgehend vom hämmernden Opener 'Pakeneminen' entfaltet sich ein vom Bass dominiertes Klangbild mit außerordentlich vielen Facetten: Math Rock ('Sudden Craze') steht fast Black-Metal-artigem Getrümmer ('Invisible in Swarm') gegenüber, wohingegen das sich hochschaukelnde Doppel aus 'Forlorn Roaming' und 'Scaffold is Ready' waschechter Post Metal mit NEUROSIS-Dramatik ist.
Was das Ganze klammert? LILIUM SOVAs überragendes Kokettieren mit dynamischen Extremen, ohne je kopflos anzumuten. Die meditativen neun Minuten von 'Ofkæling' verdeutlichen dies genauso wie Versatzstücke aus Ambient und Drone ('Dimma', 'Ustabil'), aber eben auch das nervenaufreibende Kontrastprogramm 'Lavina', das nur 43 Sekunden dauert.
FAZIT: LILIUM SOVA sind eine nahezu unvergleichliche Instrumentalband zwischen Kammermusik, Metal und Post Rock, die definitiv entdeckt werden möchte und muss. Stichworte für Schnellleser mit Hang zu Assoziationsketten: Cello, Soundtrack, Atonalität, Harmonie, Zuckerbrot und Peitsche, das Spiel mit den Gegensätzen in unkalkulierbarer Form.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.10.2016
Cyril Chal
Loïc Blazek
Timothée Cervi
Loïc Blazek (Cello)
Eigenvertrieb
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01.10.2016