Über mangelndes Futter können sich Anhänger von MAMIFFER wahrlich nicht beklagen. Die Diskografie ist beachtlich. Und das bei konstant hoher Qualität. Mit "The World Unseen" erkundet das Duo aus Faith Coloccia und Aaron Turner diesmal jedoch kein neues Terrain, sondern knüpft nahtlos an "Statu Nascendi" von 2014 an.
Noch prominenter als bisher trägt Faith Coloccia mit träumerischen Piano-Melodien und ihrer charakteristischen Stimme, die jedes Mal aufs Neue unter die Haut geht, insbesondere den Beginn des Albums. Verführerisch eingängig kommen ihre Passagen daher, untermalt von Texturen aus Ambient und Drone, welche mit der Zeit immer wieder die Oberhand gewinnen, um daraufhin wieder zu verebben. Ein stetes Wechselspiel, das zu keinem Zeitpunkt künstlich oder gezwungen daherkommt, sondern wie selbstverständlich dem natürlichen Fluss folgt, der den Stücken innewohnt.
Klavier, Gesang, Gitarre, Synthesizer, Bandmaschinen, Orgel und natürlich eine Fülle an Effektpedalen formen einen Klangkosmos, der von der ersten bis zur letzten Minute unverwechselbar nach MAMIFFER klingt. Wie immer irgendwo im Spannungsfeld von Ambient, Drone, Noise, Post Rock und Electronica, hat sich das Duo seine ganz eigene Nische geschaffen. Im Kontext der gemeinsamen Diskografie der beiden Protagonisten wirkt "The World Unseen" wie das Destillat vergangener Progression. Keine Sekunde zu viel oder zu wenig, rundum stimmig und homogen – was normalerweise äußerst positiv klingt, ist hier Fluch und Segen zugleich. Mit dem Ausklang der letzten Fläche von "Parthenogenesis" wirkt das Kapitel MAMIFFER geradezu abgeschlossen. "The World Unseen" lotet weder Grenzen aus noch werden diese neu abgesteckt, das Werk geht keinerlei Risiken ein und auf Experimente, die das Duo eigentlich auszeichnen, wird konsequent verzichtet. Fragen wirft das Album ausschließlich über die Zukunft auf. Der logische nächste Schritt wäre eine klare Zäsur.
FAZIT: Wer es bisher versäumt hat, sich mit MAMIFFER zu befassen, für den steht mit "The World Unseen" das bei Weitem zugänglichste Werk des Duos bereit. Drone- und Noise-Passagen wirken geradezu zahm (man erinnere sich vergleichend an die grandiose Kollaboration mit PYRAMIDS), Faith Coloccias unverwechselbare Melodien haben zeitweise Ohrwurmpotenzial und insgesamt fallen die Arrangements deutlich kompakter aus. Ein Album, das Fans dieses Mal noch zufriedenstellen wird und dennoch vieles dessen vermissen lässt, für das MAMIFFER seit jeher stehen. Das ist ohne Frage noch gut, aber eben auch nicht mehr.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.04.2016
Faith Coloccia
Aaron Turner
Faith Coloccia
Eyvind Kang (Viola), Geneviève Beaulieu (Vocals Track 6), Joe Preston (Bass Track 6)
Sige Records
47:56
01.04.2016