Schon der Titel des aktuellen Albums stellt unmissverständlich klar, was uns auf ihm erwartet: akustische Musik. Im Grund DIE absolute Stärke des Singer/Songwriters MARTYN JOSEPH, dem man in seinen Breiten hochachtungsvoll bereits den Namen „Walisischer BRUCE SPRINGSTEEN“ verliehen hat! Und bereits nach dem ersten Hören von „Sanctuary“ wird wohl niemand mehr gegen diesen Spitznamen Einspruch erheben, denn der Waliser vereint auf seinem Album leidenschaftliches Musizieren mit hervorragenden, spannende Geschichten erzählenden Texten und Melodien, die sofort ins Ohr gehen, ohne sich bei einer popaffinen Radiokultur anzubiedern. Manchmal klingt „Sanctuary“ wie aus der Zeit gefallen. Oder eben doch einfach zeitlos! Und wenn wir bei Springsteen bleiben wollen, dann ist des Boss‘ „Nebraska“ Josephs „Sanctuary“.
„Sanctuary“ ist sage und schreibe bereits das 21. Album von MARTYN JOSEPH, aber es ist kein Routine-Album geworden, denn wenn man das dreifaltige Digi-Pack geöffnet und den sich erhebenden Schwan gesehen hat, muss man unmittelbar darauf auch beim Entnehmen der CD die Widmung lesen: „Das Album ist meiner Mutter und meinem Vater gewidmet. Ihr Name ist Rose, seiner lautet Brian. Ihnen gilt mein ganzer Segen, weil sie immer für mich da waren. Sie waren immer voller Liebe für mich da und zugleich mein erstes Heiligtum.“
Womit zugleich geklärt wäre, warum dieses Album „Sanctuary“ heißt, dessen gleichnamiges Stück das einzige Instrumental ist, ausschließlich auf einer akustischen Gitarre eingespielt.
Und auf der wundervollen, zärtlichen Ballade „Her Name Is Rose“ lernen wir dann Josephs Mutter noch viel näher kennen - ein Song, der einen, wenn man ihn mitliest, zu Tränen rührt.
In einer weiteren, ebenso traurigen Ballade widmet sich MARTYN JOSEPH „Bobby“ Kennedy, dem ermordeten Politiker, dessen bewegenden Worte er singend zitiert: „Some men see things as they are and they say why. I dream things that never were and say why not.“
MARTYN JOSEPH geht aber auch hart ins Gericht mit all den Ungerechtigkeiten, die einem immer und überall begegnen und über die man immer wieder hinwegschaut, wobei der zugleich bewegendste Song zu diesem Thema ihm mit „The Light Of Guatemala“ gelingt, der mit Chören und unglaublich weltmusikalisch angehauchten Klängen tiefer geht als jede TV-Berichterstattung dazu: „Somos we are we Somos!“
Eine ganz ähnliche Stimmung setzt sich dann auf der orientalisch klingenden, musikalischen Anklage „The Luxury Of Despair“ fort, in der es um Palästina geht und dem verzweifelten Versuch, dort Wiederaufbauarbeit zu leisten, die immer wieder an ihre Grenzen stößt: „From Hebron‘s stone to Nazareth‘s hill / There‘s hope in the eyes of the hopeless still.“
Aber auch die ewige Suche nach der großen Liebe ist Joseph sehr wichtig und so beginnt er sein Album dann auch mit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=tIVA5_k6rfo" rel="nofollow">„I Searched For You“</a>, einer flotten, angenehm rhythmischen Nummer, die im Refrain eine unglaubliche Hookline besitzt und alle Freunde der ruhigen Songs von FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE garantiert begeistern wird.
MARTYN JOSEPH braucht keine E-Street-Band und strahlt trotzdem alles aus, was auch der Boss zu bieten hat. Was kaum jemand zu glauben wagt, aus rein musikalischer Sicht liegen Nebraska und das kleine walisische Dörfchen Penarth (Herkunftsort von MARTYN JOSEPH) ziemlich nah beieinander.
FAZIT: Wenn die Welt aus den Fugen gerät, dann brauchen wir wieder Lieder, die davon berichten und Songwriter, deren Leidenschaft und Können uns dazu bewegt, ihnen zuzuhören und gemeinsam mit ihnen nach Wegen zu suchen, dem Recht ein bisschen mehr Raum einzuräumen. MARTYN JOSEPH ist genau so ein Musiker - der „Boss“ aus Wales!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.06.2016
Zev Katz
Martyn Joseph
Martyn Joseph, Kevin Barry
Ben Wisch
Ben Wittman
Justine Ferland (Xylophone)
Beste! Unterhaltung / Broken Silence Distribution
45:02
10.06.2016