Das nächste Quintett in wenigen Monaten. Diesmal mit starker Berlinbindung, was nicht nur durch den ironischen(?) „BER Blues“ zum Ausdruck gebracht wird. Ein Track, der niemals endet. Der totale Depri-Jazz-Blues natürlich. Quatsch. Wenn das zweite Album des NICO LOHMANN QUINTETTS eins nicht ist, dann deprimierend. Auf dem gut einstündigen Werk herrscht eine lyrische Stimmung vor, geprägt von der Lust am gemeinsamen Musizieren und dem real existierenden Verständnis, dies auch gekonnt umzusetzen.
Die Musik des Quintetts fließt, perlt, brodelt aus den Lautsprechern, ohne in Wellness-Oasen-Muzak zu mutieren. Das Album bleibt rhythmisch packend und lässt ein belangloses Herumlavieren in wachsweichen Klangkaskaden zu keinem Zeitpunkt zu. Dafür sorgen schon die kurzen (Solo)-Kadenzen, die als Intermezzi die längeren Stücke ein- und ausleiten. Auch vor angeschrägten, improvisatorischen Attacken hat die Band keine Scheu („38“).
Dank Claus-Dieter Bandorfs flexiblem Spiel am Piano und Fender Rhodes stellt sich zusätzlich ein erfreuliches, relaxtes Jazz-Rock-Feeling ein. Gerade das elektrische Klavier sorgt für enormen Drive, ohne dass sich Tempo und Rhythmik halsbrecherisch steigern müssen. Marc Muellbauer am Bass und Trommler Tobias Backhaus haben eh alles im Griff. Mit solch einer Rhythmusgruppe als Fundament kann gemeinhin kaum etwas schiefgehen. Die beiden können sowohl filigran wie zupackend aufspielen, wenn es darauf ankommt auch gleichzeitig.
Brigitta Flick und Nico Lohmann ergänzen sich als Saxophonisten ebenfalls blendend, für einen besonderen Kick sorgen die Passagen, in denen Lohmann Flöte spielt, klar und präzise, ohne saumselig die Wald- und Wiesenfee zu beschwören. Brigitta Flick hat es raus, unangestrengt zwischen Innehalten und druckvollem Phrasieren zu changieren. Aber das beherrscht das gesamte Quintett auch im Verbund: Sachte zu musizieren und trotzdem eine hohe Spannung aufrechtzuerhalten, aus der heraus alles Mögliche passieren kann. Gut, nicht der komplett freie Exzess, aber zwischen Klassik, Jazz und Rock bieten sich etliche weitere Möglichkeiten, von denen das NICO LOHMANN QUINTETT zahlreiche auch wahrnimmt. Dem Hörer zum Genuss. Auch klanglich!
FAZIT: Sowohl in den solistischen Zwischenspielen wie in den gemeinschaftlichen Exkursionen bietet „Merging Circles“ ein, dem Titel entsprechendes, völlig rundes Hörerlebnis. Ob tastend oder nassforsch, das sitzt, wackelt und hat Luft zum Atmen. Von Klassik über Cool Jazz bis zu Blues- und Rockverweisen, spielen Nico Lohmann und seine gleichberechtigten Partner so stimmig wie packend.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.08.2016
Marc Muellbauer
Claus-Dieter Bandorf
Tobias Backhaus
Nico Lohmann (Alt- & Sopransaxophon, Flöte, Akai EWI), Birgitta Flick (Tenorsaxopohon)
Unit Records/JaKla/Harmonia Mundi
61:34
01.07.2016