OMEN sind eine Legende. Wer das bestreitet, der hat Alben wie "Battle Cry" oder "Warning of Danger" schlicht nie gehört oder sollte sich von US Metal generell eher fernhalten. Diese Alben (sowie das Drittwerk "The Curse") machen es aber natürlich auch nicht wirklich einfacher den ersten regulären Output der Band um Kenny Powell seit 2003 losgelöst zu beurteilen. Eigentlich weiß man so gar nicht, was einen erwartet. Besonders problematisch ist natürlich wieder der Gesangsposten, ein J.D. Kimball (R.I.P.) ist kaum zu ersetzen.
Natürlich erwartet niemand, dass OMEN ihren Meisterwerken einen weiteren solchen Klassiker zur Seite stellen. Der Opener und Titelsong macht zunächst etwas stutzig. Die Strophe weckt seltsame SAVATAGE-Assoziationen, was vor allem an Kevin Goochers Gesang liegt, der hier (und bei einigen weiteren Songs) ziemlich an Jon Oliva erinnert. Dies sind leider seine eher schwächeren und teilweise etwas windschiefen Passagen. An anderen Stellen jedoch (und da ist er plötzlich ein Glücksgriff) gemahnen seine Vocals tatsächlich an Kimball. Das macht sich zum ersten Mal bei "Chaco Canyon (Sun Dagger)" bemerkbar, hier stellt man tatsächlich glückselig fest, dass man ein OMEN-Album hört. Kenny Powells Gitarrenleads und die damit einhergehenden Gesangslinien erinnern an die 80er-Großtaten und es keimt Hoffnung auf. Es fällt aber leider auch etwas anderes auf: Der Sound wirkt seltsam komprimiert, was besonders beim Drum-/Bass-Intro von "Cry Havoc" dazu führt, dass alles erstaunlich leise klingt. An anderen Stellen ist es aber plötzlich sehr viel lauter, ein Beispiel dafür wäre das Intro des folgenden Songs. Das hat hier eindeutig nichts mit Dynamik zu tun, es ist eher zu vermuten, dass da etwas schief gelaufen ist. Das ist einem aber dann doch wieder völlig egal, wenn die Band tief in die Melodiekiste greift.
Das tut sie besonders beim teilweise balladesk angehauchten "Eulogy for a Warrior", wo auch Kevin Goocher wirklich positiv auffällt. Sein Gesang wird insgesamt vermutlich polarisieren, aber die Gesangslinien sind extrem stark, weswegen man darüber einfach hinwegsehen sollte. Hier fällt auch die tolle Bassarbeit auf. Da können sich die meisten Metalbands mit nur einer Gitarre nach wie vor eine Scheibe abschneiden, man kann mit einem Bass auch bei klassischem Metal mehr tun als nur stumpf Achtel durchzuschrubben. Phasenweise muss man bei Andy Haas' Spiel sogar an die Großtaten einer Band wie HEIR APPARENT denken.
"Hammer Damage" gewinnt ungemein mit wiederholten Durchläufen. Der Wiedererkennungswert der Melodien ist extrem hoch und auch die Songs, die beim ersten Hören etwas unscheinbar daherkommen, offenbaren schließlich ihre Klasse. Die Ausnahme ist hier am ehesten noch der Titelsong, der tatsächlich eher highlightarm daherkommt. Dem gegenüber steht aber beispielsweise eine Nummer wie "Hellas", die eine der Spezialitäten der klassischen OMEN beinhaltet: auch bei hohem Tempo noch hymnenhaft zu klingen. Am meisten nach den 80er-Alben klingt aber "Era of Crisis". Die melodischen Riffs, das sehr akzentuierte Drumming und die ständig steigende und fallende Gesangslinie hätten auch auf ein Album wie "Warning of Danger" gepasst, auch wenn der Song hier vielleicht kein Highlight gewesen wäre.
FAZIT: Man kann nicht bestreiten, dass "Hammer Damage" ein gutes Album ist. Es braucht etwas Eingewöhnungszeit, aber dann überwiegt eben doch die Freude ein Album zu hören, dass mehr oder weniger im alten OMEN-Stil gehalten ist, wenn es auch von der Qualität nicht ganz heranreicht. Aber allein um zu erleben, was Kenny Powell auch heute noch aus seiner Gitarre rausholen kann, sollte man das Album gehört haben. Dies ist aber auch der entscheidende Unterschied: Das Werk lebt zu großem Teil von den Leads, nicht wie früher zu gleichen Teilen auch vom Gesang. Dennoch entwickelt sich Kevin Goochers Performance bei jedem Durchlauf und ist keinesfalls als Kritikpunkt zu sehen. Wären einige Songpassagen inspirierter ausgefallen und die Produktion etwas ausgeglichener, dann hätte die Note hier durchaus höher ausfallen können.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.06.2016
Andy Haas
Kevin Goocher
Kenny Powell
Steve Wittig
Pure Steel Records
43:29
27.05.2016