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Pablo Moses: The Rebirth

Stil: Reggae

Cover: Pablo Moses: The Rebirth

Der Sommer ist vorbei – wen juckt‘s?
Holen wir ihn uns einfach zurück in die vorweihnachtliche Wohnstube und hören bei Kerzenschein dieses wunderbare Reggae-Album „The Rebirth“ des jamaikanischen Musikers PABLO MOSES - und sofort wird es uns warm ums Herz und für eine knappe Musikstunde vergessen wir einfach mal, dass uns der schlimme Weihnachtsgeschenke-Kauf noch bevorsteht. Vielleicht vergeht dem Einen oder der Anderen ja sogar der Kaufwahn, wenn er etwas genauer auf die Texte des Jamaikaners hört, die er gleichzeitig im achtseitigen Booklet des Albums nachlesen kann.

Wenn man die Begriffe Jamaika und Reggae hört, dann denkt man natürlich sofort an BOB MARLEY oder PETER TOSH – und diesen Gedanken sollte man nicht zu weit beiseite schieben, wenn man „The Rebirth“ von PABLO MOSES auflegt, der mit seinen 68 Jahren ebenfalls schon zu den Reggae-Urgesteinen zählt.

1948 in Jamaika geboren, begann er seine ersten musikalischen Gehversuche in Schulbands und schlug 1975 als Solo-Musiker mit seinem Debüt „Revolutionary Dream“ besonders durch den Hit „I Man Grasshopper“ ein, der in Jamaika und England zum großen Hit wurde. Seine Tradition orientiert sich dabei eindeutig an SYLFORD WALKER und BURNING SPEAR. Plötzlich aber wurde es totenruhig um PABLO MOSES – und während Marley 1981 und Tosh 1987 für immer verstummten, überlebte Moses zwar den Reggae-Rummel, aber wie‘s schien, nur in stiller Andacht.

Genauso plötzlich tauchte er nach 15 Jahren 2010 mit diesem Album, welches sechs Jahre später endlich auch in unseren Breiten erhältlich ist, wieder auf und belebt das Marley- & Tosh-Reggae-Gefühl auf seine Moses-Art, die sich durch größtenteils ruhigere, etwas dunkle Melodien, tiefe Bässe, jede Menge Bläser, aber auch röhrende Orgeln sowie moderne Beats und einen hervorragenden Sound auszeichnet. Nach ein paar Recherchen im Netz war auch klar, warum er sich so lange Zeit ließ, denn beinahe wäre Moses den gleichen Weg wie Marley & Tosh in Richtung „Jah“ gegangen. Nach einem Unfall war er für vier Tage in ein Koma gefallen und seine Nachbarn glaubten, er wäre tot. Ein Blutgerinsel hatte sich in seinem Gehirn gelöst und Ärzte retteten ihn durch eine Notoperation. Nun gut, dass er dafür in erster Linie seinem „Jah“ und erst in zweiter Linie den Ärzten dankt, hat wohl wirklich etwas damit zu tun, dass der Glaube Berge versetzen, die Wissenschaft anscheinend nur ein paar Hügel bewältigen kann. Zumindest ist jetzt aber klar, warum das Album „The Rebirth“ heißt, denn genauso fühlte sich PABLO MENSES, als er wieder aus dem Koma erwachte – und bescherte uns dieses Album.

Wer allerdings nicht auf den urwüchsigen, sondern eher den „Sunshine Reggae“ steht, der wird mit diesem „finsteren“ Reggae-Album sicher nicht glücklich, in dessen Mittelpunkt „Jah“ steht, die hebräische Gottheit, die in der Rastafari-Religion und der Reggae-Musik genau diese Bezeichnung trägt. Übrigens eine großartige Gottheit, welche die Rastafarians da anbeten, denn sie lehnen zugleich Alkohol und Tabak dabei ab und versuchen zugleich sich, so gut es geht, fleischlos zu ernähren.

Pop gibt‘s bei Rastafari PABLO MOSES zum Glück kaum zu vernehmen, dafür aber Texte, die viel zu sagen und auch einiges anzuklagen haben: „Born to be bad / I make some people sad […] I‘m an activist / Always on the bad list“, heißt es diesbezüglich schon unmissverständlich auf dem ersten Song von „The Rebirth“.
Und der neu gewählte amerikanische Präsident Trump, der sicher weniger auf die Dreadlocks der Rastafaris steht, wird sicher nach seinem Wahlversprechen, dass alle Amis eine Waffe tragen dürfen, eine besondere Freude an „Guns“ haben, in dem es heißt: „Waffen – das ist der Hass der Menschheit, Waffen, fressen die Männer, sie sind das Spielzeug eines bösen Systems und hinterlassen nur Opfer. Waffen sind die größte Gefahr für die Menschheit, weil mit ihnen nur Hass und Leid verbreitet wird.“ Vielleicht hätten einige Amis vor der Wahl einfach etwas intensiver diesen Song hören sollen – aber nein „Top Gun“ stand ihnen eben deutlich näher, als der Moses-Song ohne das „Top“ davor.

Und dann gibt‘s da auch noch eine traumhafte Ballade, die mit knapp 6 Minuten zugleich das längste Stück des Albums ist und die hypnotische Atmosphäre des „Smooth Operator“ einer SADE im Reggae-Stil verbreitet. Ein echtes Highlight, das zugleich als eine Lobeshymne auf Gott gestaltet ist. So lässt man sich sogar eine kleine Musik-Predigt gefallen.

„The Rebirth“ ist genau das geworden, was man heutzutage kaum noch musikalisch geboten bekommt: ein richtig gutes Reggae-Album getreu dem Motto „Back To The Roots“. Noch dazu erfüllt es genau den Anspruch, den auch ein BOB MARLEY immer wieder vertrat: „Bewege etwas mit deiner Musik und mit deinen Texten!“ PABLO MOSES „The Rebirth“ hält sich genau an diesen Grundsatz. Ein schönes FAZIT von einem Kritiker, der zwar kein Reggae-Experte ist, dafür aber genau die Leidenschaft spürt, die der Wiedergeborene in „The Rebirth“ nach 15 Jahren musikalischer Stille um ihn herum in diesem Album entflammen lässt.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.11.2016

Tracklist

  1. Born To Be Bad
  2. So Much
  3. Mama Yeah (Africa)
  4. Jah Will Make A Way
  5. Got To Make A Way
  6. Guns
  7. They Can‘t Undo
  8. More Than You Can Chew
  9. Can Make A Living
  10. We Have The Capability
  11. Jah Is Watching You
  12. Don‘t Drop Out
  13. Have To Leave

Besetzung

  • Bass

    Robert Shakespeare

  • Gesang

    Pablo Moses

  • Gitarre

    Dwight Pinckney, Pablo Moses, Joao Bernardo

  • Keys

    Robert Lyn, Carlos Sales, Franklin Waul

  • Schlagzeug

    Sly Dunbar, Franklin Waul, Carlos Sales, Skully

  • Sonstiges

    Dan Fraser (Saxofon), Everol Wray (Trompete), Everal Gayle (Posaune), Pam Hall & Sheritea Lewis (Background Vocals)

Sonstiges

  • Label

    Grounded Music

  • Spieldauer

    58:08

  • Erscheinungsdatum

    11.11.2016

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