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Radio Haze: The Psychoustic Sessions II (Limited Edition)

Stil: „Haze-Rock“, Psychedelic Folk-Rock mit Popappeal

Cover: Radio Haze: The Psychoustic Sessions II (Limited Edition)

„Das Problem ist, dass wir in keine Schublade passen, deswegen spielen wir ‚Haze-Rock‘“, so lautet ein Zitat von RADIO HAZE.
Damit sind wir jetzt wirklich deutlich klüger.
Doch spätestens wenn man <a href="https://www.youtube.com/watch?v=axmeCsWqw3A" rel="nofollow">das wunderschön gestaltete 10‘Vinyl</a> auf seinem Plattenteller laufen hat, dann ist klar, dass man diesem „Haze-Rock“ ganz schnell verfallen kann, vorausgesetzt man steht auf akustischen Folk- und Psychedelic-Rock mit jeder Menge Verve.

Und nicht umsonst schrieb mein Kollege Hausfeld unter unserer Seite zu dieser beeindruckenden Band, die gerne selber Parallelen zu WOLFMOTHER oder den FOO FIGHTERS herstellt und offensichtlich BLACK SABBATH lieben, folgendes: „Damals war damals, RADIO HAZE sind heute. Fernab ausgelutschter Pfade und krampfhafter 60‘s/70‘s-Soundorientierung zeigt das Trio, wie man klassischen Hardrock ins 21. Jahrhundert transportiert, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren.“ Und da wir uns fast immer in unserer Redaktion einig sind, kann ich auch nach dem Hören von „The Psychoustic Sessions II“ nur zustimmen, selbst wenn diesmal Akustisches und Folk sowie etwas Pop und Psyche die Oberhand haben!

Das klassisch rockende Trio kommt aus Abensberg, einer Kleinstadt im niederbayrischen Kelheim, und spielt zum Glück keine Musik, die auch nur im Entferntesten Oktoberfest-tauglich wäre. Es wird nicht geblasen und sich auf die Schenkel geklopft, nicht gejodelt oder geschlagert, sondern diesmal insgesamt recht ruhig und mit vielen psychedelischen Spielereien versehen musiziert, wobei neben dem hervorragenden Gesang von PHILIPP JANOSKE auch die verspielten Kompositionen, die sogar an die TEARS FOR FEARS erinnern, absolut gelungen sind.

Eigentlich kann man von jedem der fünf Titel dieses Vinyl-Schätzchens beliebig einen auswählen, man wird immer beeindruckt sein. Auch der Sound ist voller Liebe und wunderbarer Effekte produziert, sodass selbst Besitzer von High-End-Anlagen ihre wahre Freude an jedem einzelnen Ton auf „The Psychoustic Sessions II“ haben werden, auf dem vier Songs ihres Albums „Momentum“ neu arrangiert und ins psychedelische Unplugged-Kleidchen gehüllt wurden und ein Song seine RADIO HAZE-Premiere erfährt.

<a href="https://www.youtube.com/watch?v=cLjUJ375oKg" rel="nofollow">„Blame The Moonlight“</a> eröffnet mit akustischen Gitarren und fast hitverdächtigen Melodien sowie psychedelischem Background, dass es eine wahre Freude ist, sich diesem 60er-Hintergrund samt modernen Melodieführungen hinzugeben. Allerdings fühlt man sich ab diesem Zeitpunkt schon ein wenig in eine Zeit versetzt, als es selbst im Radio noch richtig guten „Pop“ zu hören gab, der von Musikern und Bands wie STING, TEARS FOR FEARS oder den WATERBOYS geschaffen wurde und das Radiohören noch zum Ereignis werden ließ. Diese Zeiten scheinen vorbei zu sein – aber wenigstens können wir ja nun auf den „Haze-Rock“ ausweichen!

<a href="https://www.youtube.com/watch?v=ISJ3Shjg7pM" rel="nofollow">„Back In The Days“</a> schleppt dann gleich eine gehörige Americana-Portion auf einem wild galoppierenden Country-Gaul an, der sich geschickt durch den bunten Kräutergarten Rock bewegt und (ohne das abwertend oder vorwurfsvoll zu meinen) auch locker BossHoss die Show stehlen könnte.

Der letzte Song der A-Seite ist dann zugleich der psychedelischste mit verfremdetem Gesang und akustsicher Gitarre, die an „Pigs On The Wing“ von PINK FLOYD erinnert. Spätestens jetzt lehnt man sich befriedigt unter seinen Kopfhörern oder vor seiner Anlage zurück und freut sich auf die zweite Seite der Vinyl-EP.

Und diese beginnt mit dem psychedelischen Americana-Folk-Song „Wasteland“, der einen sehr schönen, fast „space-igen“ Instrumentalteil hat, um dann direkt zu „Communication“, dem mit fünfeinhalb Minuten längsten Song, der tatsächlich unglaublich an TEARS FOR FEARS erinnert, überzugehen.

Aber auch zu der „Verpackung“ dieser streng auf 500 Exemplare limitierten 10‘Vinyl-EP, von der die 200-Stück-„Special Edition“ sogar weiß daherkommt, müssen noch ein paar Worte verloren werden. Selten fällt einem ein so liebevoll aufgemachter „kleiner“ Tonträger in die Hände, denn in der EP steckt ein 12seitiges, auf dicke Pappe gedrucktes Kunst-Booklet in EP-Größe, das nicht irgendwelche Texte oder Infos enthält, sondern wunderschöne, doppelseitige Bilder, die eine gewisse Mystik ausstrahlen und jeden einzelnen Song illustrieren. Faszinierend. Dazu gibt‘s noch den Download-Code zum Album und zwei Sticker.
Was wünscht sich der haptische Musikliebhaber da noch mehr?
Nicht nur die Musik von RADIO HAZE überzeugt, auch die Liebe für das Detail, die sich sogar bei der Downloadversion fortsetzt, wo es zusätzlich zur Musik noch alle Bilder des Booklets gratis mit dazu gibt.

FAZIT: Nach ihrem ersten Tripp in akustisch-psychedelische Gefilde „The Psychoustic Sessions“ aus dem Jahr 2011 folgt nun der zweite Teil in einer nicht nur wundervoll verpackten, streng limitierten 10‘Vinyl-EP, in der es zu jedem Song auch ein Kunstwerk im großen Kunst-Booklet gibt. Und zur Musik zitiere ich dann die Band besser selber, bei solch musikalischem, augenzwinkerndem Weitblick: „Dass Musiker alle Drogen nehmen, liegt auf der Hand. Somit dürfte auch der ungewöhnliche Mix aus psychedelischen Elementen mit angestaubten Folk/Country-Einflüssen Erklärung finden. Fakt ist: Ob Alt-Hippie, Neu-Hipster, audiophiler Musikliebhaber oder einfach nur Fan von handgemachter Gitarrenmusik – der Sound von RADIO HAZE gefällt.“
Stimmt!
Punkt.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.10.2016

Tracklist

  1. Seite A (8:44):
  2. Blame The Moonlight (3:21)
  3. Back In The Days (3:16)
  4. Sticks : Stones : Broken Bones (2:07)
  5. Seite B (9:03):
  6. Wastelands (3:36)
  7. Communication (5:27)

Besetzung

  • Bass

    Robert Hofmann

  • Gesang

    Philipp Janoske, Robert Hofmann, Michael Hofmann

  • Gitarre

    Philipp Janoske, Robert Hofmann

  • Keys

    Robert Hofmann, Michael Hofmann

  • Schlagzeug

    Michael Hofmann

Sonstiges

  • Label

    Slash Zero Records

  • Spieldauer

    17:47

  • Erscheinungsdatum

    30.09.2016

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