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Ramses: Control Me

Stil: Von Prog bis Pop

Cover: Ramses: Control Me

Wenn RAMSES anno 2000 gewusst hätten, wie intensiv die Regierungen in aller Welt dem Wunsch ihres Album-Titels entsprechen und diejenigen aus Politik und Wirtschaft, welche die Total-Kontrolle von Menschen aus politischer Angst vor ihnen oder als Wirtschaftsfaktor um Profite aus ihnen zu schlagen ins Unermessliche vorantreiben, vielleicht hätten sie noch einmal darüber nachgedacht, ihr progressiv rockendes Stück Musikgeschichte wirklich „Control Me“ (Kontrolliere mich) zu nennen.
Ein vorausahnendes, vorhersehendes Album, welches sich bereits mit den Stücken „Rule The Globe“ und „This Planet“ sowie der Live-Version von „War“ mit gesellschaftskritischen Themen auseinandersetzt.
Betrachtet man nun das Cover des RAMSES-Albums genauer, dann kann man unumwunden feststellen, dass RAMSES tatsächlich das vorhersehen, was ein Edward Snowden später aufdeckt: die Statue des parsischen Gottes Ahriman - die gehörige Ähnlichkeit mit der Ami-Freiheitsstatue aufweist -, der das Böse der Welt in sich verkörpert und dessen Grundlage die immer kleiner werdenden Erde ist, während er überdimensional zu wachsen scheint.

Es war eben höchste Zeit, dieses Artrock-Album der deutschen Rockband RAMSES wiederzuentdecken – und die Entdecker sind mal wieder Sireena Records. Eine schöne Tatsache, an die sich langsam wohl alle anspruchsvollen Prog- und Krautrock-Nostalgiker gewöhnt haben. Darum verbirgt sich hinter jedem Album aus dem Sireena-Hause meist auch eine Vorgeschichte, die hier kurz zusammengefasst werden soll und ähnlich in dem achtseitigen Booklet zu der in hervorragender Klangqualität remasterten und komplett neu überarbeiteten sowie mit raren Bonus-Aufnahmen versehenen CD „Control Me“ nachzulesen ist.

Kurz nachdem sich RAMSES 1981 mit ihrem Album „Light Fantatstic“ in der deutsche Prog- und Rock-Szene etabliert hatten, zogen sie sich nach einer Konzert-Tournee in ein durch sie neu eingerichtetes Studio zurück und nahmen neue Titel (leider) mit Drumcomputer und im 80er-Jahre-Pop-Appeal auf, in denen die Keyboards dominierten. So nahm „Control Me“ erste Formen an, die zum Glück nicht konsequent weiterverfolgt wurden. Wahrscheinlich hätte uns sonst ein Album, das irgendwo eine NDW-Nische sucht, erwartet. Nach den elektropoppigen Experimentierereien beschlossen RAMSES 13 Jahre später, „Control Me“ wieder aufzugreifen, aber doch besser auf „handgemachte“ Musik zu setzen. Allerdings ohne die „Control Me“-Aufnahmen zu verwerfen, sondern sie zusätzlich „aufzumischen“. Auch eine zusätzliche Sängerin wurde gefunden, die mit ihrer Stimme „Control Me“ deutlich bereichert, was in „World Of Dreams“ unüberhörbar ist.

Insgesamt blieb die Musik auf „Control Me“ allerdings sehr eingängig, voller schöner Melodien, aber auch komplexeren, progressiveren Momenten, die durchaus im Bombast ausarten können. Dazu kommt der sehr gute männliche und weibliche, warm und voluminös wirkende Gesang, solistisch, im Duett oder als Satzgesang sowie jede Menge Gitarren-Soli, die oftmals Parallelen zu einer anderen deutschen Prog-Band aufweisen: ELOY – und in den ruhigeren, balladesken Momenten krabbeln einem durchaus auch mal ein paar SCORPIONS durch das Ohr, ohne jemals ernsthaft zuzuzwicken. Allerdings wünscht man sich auch während ein paar extrem banalen 80er-Electro-Pop-Dance-Momenten, dass diese Songs im RAMSES-Giftschrank geblieben wären, wie „Into My Life“.

Ein absolutes Highlight des Albums wird so am Ende tatsächlich der letzte knapp zehnminütige Bonus-Track, welchen RAMSES in bester, von Hand gemachter Prog-Tradition, die ganz nah bei URIAH HEEP und BIRTH CONTROL liegt, präsentiert: die live 2016 eingespielte Version von „War“, dem Songs von ihrem 75er-Debüt-Album „La Leyla“, der zugleich textlich eine radikale, unerbittliche Anklage gegen all die großen Klein-Krieger, denen jegliche Form von Menschlichkeit und das Leben Anderer an ihrem schrumpeligen Arsch vorbeigeht, ist: „They‘re only fighting for big boss men / ‘Cause they don‘t understand / They‘re sent to kill and they‘re sent to die / For they don‘t understand […] Freedom and peace, so far from now...“

Als 2000 das Album in seiner Ur-Version erschien, hatte es noch ein paar Liner-Notes, von denen dieser Satz zur musikalischen und textlichen Beschreibung von „Control Me“ nicht unerwähnt bleiben darf: „Herausgekommen ist ein musikalisches Werk, das einen Bogen von romantischen bis hin zu harten und lockeren Rocktiteln spannt, bei denen es um Lady Di, Liebe, Besessenheit und den Kampf zwischen Gut und Böse geht.“
Lassen wir das einfach mal so stehen!

FAZIT: Die Wiederveröffentlichung des 2000er Artrock-Albums „Control Me“ mit viel 80er-Jahre-Popanleihen von RAMSES ist nicht nur ein erinnerungswürdiges, recht seltsames Kleinod seiner Zeit, sondern durch die bis dato unveröffentlichten Bonus-Beigaben auch ein echtes Sammlerstück. Und dass die krautrockigen RAMSES-Jungs auch heute noch echt was draufhaben beweist die ausgezeichnete 2016er Live-Version ihres „War“-Songs aus dem Jahre 1975.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.12.2016

Tracklist

  1. Control Me
  2. World Of Dreams
  3. Rule The Globe
  4. Hold On
  5. Blues Of A Nation
  6. Into Your Life
  7. Wonderland
  8. Time To Go
  9. = Bonus Tracks & Rares =
  10. This Planet
  11. Love Me
  12. Stranger
  13. Surrender (Previously Unreleased)
  14. War (Live 2016)

Besetzung

  • Bass

    Herbert Wolfslast

  • Gesang

    Reinhard Schröter, Danni Greinke, Winfried Langhorst, Susanne Bremer, Herbert Natho

  • Gitarre

    Norbert Langhorst, Herbert Wolfslast

  • Keys

    Reinhard Schröter, Winfried Langhorst

  • Schlagzeug

    Carsten Loll

Sonstiges

  • Label

    Sireena Records / Broken Silence

  • Spieldauer

    66:31

  • Erscheinungsdatum

    25.11.2016

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