Als mein Kollege Schiffmann das letzte Album der österreichischen Combo RAY SHAMES und ihren „Austro Pop“ nach FALCO-Vorbild – zumindest was die Kombination aus deutschen und englischen Texten betrifft – mit 5 Punkten abstrafte, war das absolut verständlich. Denn diese Musik, welche nichts Anderes als eine Kombination aus NÖW bzw. NDW und Dancefloor-Rhythmen plus ein paar Techno- und Hardrock-Elementen sowie ironisch bemühte, aber nicht wirklich lustige deutsch/englische Texte ist, funktioniert in erster Linie wirklich mehr auf dem Tanzboden als in der heimischen Anlage. Dafür jagen sich zu viele kompositorische Plattitüden und Musikcomputer-Takte ein um das andere Mal den Rang in punkto schlechten Musik-Geschmacks ab.
Doch wenn man sich etwas genauer mit der österreichischen Pop-Band beschäftigt, die wirklich ideal in die frühen 80er Jahre und deren Neue Deutsche Welle neben FRL. MENKE genauso wie IDEAL und EXTRABREIT oder gar FOYER DES ARTS gepasst hätte, dann gibt es doch einiges Reizvolles zu entdecken, wodurch gerade die Computer-Rhythmusarbeit einen Sinn ergibt.
RAY SHAMES stellt einen virtuellen Typen dar, dessen offensichtlicher Wahnsinn sich in seinen musikalischen Exzessen widerspiegelt. Der „Zirkus des Lebens“ weist alle Höhen und Tiefen, Lorbeerkränze und Fettnäpfchen sowie Peinlichkeiten und Geilheiten auf, welche unser Dasein zu bieten hat. Dabei wird alles NDW-Affine musikalisch, aber auch textlich verwurstet, was den Österreichern unter die Finger kommt. Sogar Erinnerungen an CHRISTINA STÜRMER oder SILBERMOND bleiben in den ruhigeren oder an RAMMSTEIN bei den rockigen Momenten nicht aus. So erleidet man beim Hören sogar seine ERSTE ALLGEMEINE VERUNSICHERUNG. Und die bleibt bis zum Ende des Albums, spätestens aber wenn RAY SHAMES um „Rückruf“ bittet, versteht man die Welt nicht mehr. Warum das so ist, sollte jeder für sich selber entdecken.
Am Ende bleibt nur die Frage: „Ist das nun einfach nur Scheiße oder doch Provokation auf neuem Musik-Niveau made in Austria?“
Die Antwort liegt wohl irgendwo in der Mitte, genau wie der Punktwert, den solche Musik verdient.
FAZIT: Willkommen in der Welt des 80er-Jahre-NDW-Electropops. RAY SHAMES spielt dabei den virtuellen Musik-Clown im „Zirkus des Lebens“ und sicher kann nicht jeder darüber lachen, aber ein sich erinnerndes Lächeln ist dabei durchaus drin!
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.08.2016
Ray Shames, Denize Malatyall
Rupert Träxler
Wolfgang Bayer, Chris Campregher
Jürgen Groiss
Chilli / Rebeat
35:15:15
19.08.2016