Ein Album wie eine Kriegserklärung!
Aber wem bitte gilt diese Kriegserklärung?
Allen, die solche Musik zwischen New Wave, Pop, Dancefloor und Rock nicht mögen oder tatsächlich nicht nur an den Rhythmus zum Mitwippen und Abhotten glauben, statt auch mal größeren Wert darauf zu legen, eine CD auf der heimischen High-End-Anlage zu hören, um sich an einem hochwertigen Sound zu erfreuen?
Es gab in den Siebzigern mal eine Funk-Band, bei der ERIC BURDON aktiv war, die sich den schrecklichen Namen WAR verliehen und das auch noch irgendwie cool fanden.
Dann ließ DAVID BOWIE Mitte der Siebziger seine „War Dogs“ auf seine Fans los und überzeugte mit diesem gigantischen Album rundum.
Und nun – anno 2016 – kommt aus der Schweiz nicht etwa ein Hustenbonbon, sondern eine Band namens RIVAL KINGS, die man bitte auf keinen Fall mit den Rival Sons verwechseln sollte, und nennen ihr Album aus unerklärlichen Gründen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=QjxGp4W06Ro" rel="nofollow">„War“</a>. Ein Titel, der vielleicht Provokation ist, für jeden Friedensaktivisten aber nur eine blödsinniger verbaler Dünnschiss im Zeitalter kleingeistiger Kriegstreiberei.
Die RIVAL KINGS eröffnen ihr Album mit dem musikalischen Wunsch, die Zeit zurückdrehen zu können und klingen bei „Back in Time“ wie eine Kombination aus den PET SHOP BOYS, PLACEBO und ELBOW mit ein paar versteckt hintergründigen Post-Rock-Klängen. Zusätzlich erkennen wir im Verlaufe des Albums, dass auch U2 mit zu den Favoriten der Schweizer gehören. Auch zeichnet sie neben dem durchaus beeindruckenden Sänger nicht nur bei diesem Song, sondern im Verlauf der knapp 37 Musik-Minuten ein feines Gespür für eingängige Melodien aus.
Dieses Gespür wäre aber auch im Rahmen des schwach produzierten Sounds vonnöten gewesen, der viel zu oft etwas mulmig auf einem Klangpegel dahindümpelt und in punkto Kanaltrennung nichts wirklich Beeindruckendes zu bieten hat. Im Club deiner Wahl bei flackerndem Stroboskop-Licht und wummernden Bässen inmitten der Tanzfläche reicht das. Aber unter Kopfhörern oder aus hochwertigen Boxen wird diese, besonders in den lauten Momenten auftretende Schwäche unerbittlich enttarnt, während die ruhigen Passagen glücklicherweise von solcher produktionstechnischen Schluderei nicht betroffen sind. So entdeckt man dann auch mit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=zxoHm5pc54Q" rel="nofollow">„Drown“</a> einen unglaublich zu Herzen gehenden Song, der einen erst balladesk und dann im U2-Stil von der ersten bis zur letzten Minute gänsehautmäßig mitreißt.
Auch gerade des Klangs wegen lohnen sich am Ende die Balladen mehr als die rhythmischeren Songs. Aber da sich beides etwa die Waage hält, wird dieser musikalische Krieg am Ende nicht mit einer totalen Niederlage enden – höchstens mit einer Kapitulation.
Im achtseitigen Kriegs-Booklet, das ausschließlich in der friedliebenden Farbe weiß gestaltet ist, finden wir alle Texte, die größtenteils die ewig gleiche Geschichte rund um die (leidenschaftliche oder unerwiderte) Liebe – Wow, ein wirklich völlig neues Thema! - erzählen und das Nach- bzw. Mitlesen nicht wirklich lohnenswert ist.
Viel leidenschaftlicher erscheinen dagegen die Videos, welche in ihrer Umsetzung vielversprechender als die Texte sind und sicher auch von der Optik her viele begeistern werden, egal, ob es sich dabei nun um‘s <a href="https://www.youtube.com/watch?v=RhLKjiRRwvs" rel="nofollow">„Fieber“</a> oder‘s <a href="https://www.youtube.com/watch?v=nVd_uLB-HqM" rel="nofollow">„Bösesein“</a> dreht.
FAZIT: Die Musik von den RIVAL KINGS bietet nicht nur eingängige harmonische Melodien, sondern auch flotten Rhythmen und leider auch mittelmäßigen Sound sowie Texte, die nicht wirklich angriffslustig sind. Dafür ist einer der wohl unpassendsten Alben-Titel, den man wählen konnte, ausgesucht worden: „War“. „Peace“ hätte da schon besser gepasst. Übrigens behauptet genau das Gleiche auch meine Tochter, die sich mit mir nach dem dritten Hördurchgang von „War“ einig war: Friede sei mit euch – RIVAL KINGS!
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.10.2016
Sandro Furrer
Etienne Fabrice Hilfiker
Rafael Schwab, Daniel Betschart
Christopher James Christensen, Etienne Fabrice Hilfiker
Dominique Marcel Iten, Rob Viso
deepdive / H'art / Believe Digital
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30.09.2016