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Saitenfeuer: Ein wenig Farbe

Stil: Harter Deutsch-Rock mit richtig guten Texten

Cover: Saitenfeuer: Ein wenig Farbe

Mit „Ein wenig Farbe“ eröffnet das deutschrockig-metallische Quartett SAITENFEUER genau dies auf die Ohren und Hirne des Hörers, die sich noch nicht vom alltäglichen Konsum-Wahn, dem bürokratischen Politiker-Pragmatismus und der alltäglichen Ego-Kälte aus Gier und Machthaberei anstecken lassen. SAITENFEUER eröffnen ihren „Marsch in Moll“, der „Auf der Flucht“ beginnt, „Am Leben“ scheitert und „Für die Toten“ ist, die dabei zum Opfer werden, weil „Ihre Welt“ kein „Gewissen“ kannte. Aber trotzdem bauen sie noch immer auf „Mein Vertrauen“ und die Gerechtigkeit, welche am Ende dafür sorgt, dass „So bekommt ihr es zurück“, keine leere Worthülse bleibt, sondern den verbleibenden guten Menschen (Nicht Gutmenschen!) zu sagen: „Ich danke dir“!
Und um die Liebe geht‘s natürlich auch auf „Ein wenig Farbe“, wofür schon die Farbe des Covers spricht.

Die Botschaft hinter „Ein wenig Farbe“ ist genauso klar wie die Texte darauf, selbst wenn die manchmal ein wenig übertrieben moralisieren oder schwarzmalen. Sie sind auf jeden Fall eine der absoluten Stärken des Albums, das manchmal leider in der musikalischen Umsetzung doch ein paar Schwächen aufweist.

Unverkennbar mag SAITENFEUER die Musik von FREI.WILD und auch die Art der Texte ähneln sich. Die Leipziger lassen es ordentlich krachen und schieben dabei wie selbstverständlich ein paar ruhigere Momente ein, wobei der Schwerpunkt auf dem Gesang von CARSTEN THIECKE liegt, der gleich eine Schublade zur Einordnung ihrer Musik öffnet, indem er feststellt: „Als Oberbegriff kann man unsere Musik als Rock bezeichnen, eine weitere Eingrenzung in Unterkategorien würde ihr jedoch nicht gerecht.“ Na ja, man könnte in diese Schublade ganz locker auch noch ein paar Metal-Socken und Hardrock-Schlüpfer stecken, die (textlich betrachtet) im Songwriter-Kleidchen daherkommen, wobei Songs wie <a href="https://www.youtube.com/watch?v=_ZJltoWktIM&feature=youtu.be" rel="nofollow">„Ihre Welt“</a> sich zugleich auf die Suche nach einer Hit-Hookline begeben.

Und damit wären wir auch bei der musikalischen Achillesferse von „Ein wenig Farbe“, die sich mitunter nur im härteren, schwarz-weißen Deutsch-Rock-Klischee bewegt, aber auch mit besagtem Sänger nicht wirklich ein Ausnahmetalent, sondern einen gut verständlichen Mittelklassevokalisten zu bieten hat. Hier wäre mehr Abwechslung wünschenswert, besonders weil die Texte, die allesamt vom Gitarristen BENNY MERTENS stammen, einfach mehr gesangliche Meisterleistungen verdient hätten: „Der Kompromiss, der dich zerreißt / Die Zunge, die du dir blutig beißt / Sind nur ein Teil vom großen Glück / Wenn du dich selber fickst.“ („So bekommt ihr es zurück“)

Auch wäre es für die Dauer eines rockigen Albums besser, wenn nicht in erster Linie die gesangliche Dominanz, sondern auch ausgiebige Instrumentalteile und Soli überwiegen, sodass gar solche Songs wie <a href="https://www.youtube.com/watch?v=LbtmyO0Z-ZE" rel="nofollow">„Wer‘s nicht wagt“</a> oder „Wenn es dich noch gibt“ wie ein radiotaugliches Stück Rockmusik der TOTE HOSEN-Marke rüberkommen. Aber die haben eben einen Sänger, der CAMPINO heißt und den man, sowie er seinen Gesang anstimmt, sofort wiedererkennt. Für SAITENFEUER gilt das bisher noch nicht.

Dass dann mit „Keine Fackel“ auch noch der obligatorische Anti-Nazi-Song auf dem Album ist, erfüllt natürlich wieder mal – aber keineswegs ungeschickt - das Klischee der „Political Correctness“! Gemäß dem Album-Titel ein weiteres Farbspiel: Rot statt Braun. Allerdings ist die offensichtliche Ablehnung jeglicher Radikalität in dem politisch ambitioniertesten Song eine echte Wohltat: „Brüllt statt zu reden, mauert statt zu teilen / Verdreht und vergesst oder hüllt euch in Schweigen / Versucht ständig Äpfel mit Birnen zu vergleichen / Und ständig tragen Andere die Schuld daran / Für uns hört sich das nicht nach Gerechtigkeit an.“

Mit solchen Zeilen offenbart sich zugleich, welche tragende Rolle der textende Gitarrist für SAITENFEUER spielt. Und wenn uns dann die traurige Ballade „Mein Vertrauen“ aus dem Album verabschiedet, bleibt nach der knappen Musikstunde am Ende doch ein gutes und zugleich nachdenkliches Gefühl zurück: „Willst du respektiert werden, musst du dich behaupten / Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es hinaus.“

SAITENFEUER haben sich im Verhältnis zu ihrem letzten Album „Kein zurück“ jedenfalls deutlich gesteigert.
Also weiter so!
Und Respekt!

FAZIT: Auf ihrer Homepage bedanken sich SAITENFEUER bei ihren Fans dafür, dass sie mit „Ein wenig Farbe“ auf Platz 34 der deutschen Album-Charts eingestiegen sind. Solche Rock-Musik mit deutschen Texten ist eben wieder angesagt und mit dem Leipziger Quartett hat es garantiert nicht die Falschen getroffen, selbst wenn das Album musikalisch noch Reserven aufweist. Textlich spielt es in der obersten Liga mit.

PS: „Ein wenig Farbe“ gibt es in zwei unterschiedlichen Formaten. Einerseits als CD im Digipack und andererseits in einer auf 555 Stück limitierten Fan-Box mit Bonus-DVD voller diverser Videos, einer Sonnenbrille und Bluetooth-Lautsprecher samt SAITENFEUER-Aufdruck sowie diverse kleine Extras.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.08.2016

Tracklist

  1. So bekommt ihr es zurück
  2. Wer‘s nicht wagt
  3. Marsch in Moll
  4. Ihre Welt
  5. Auf der Flucht
  6. Nicht mein Ding
  7. Wenn es dich noch gibt
  8. Am Leben
  9. Gewissen
  10. Keine Fackel
  11. Ich danke dir
  12. Für die Toten
  13. Mein Vertrauen

Besetzung

  • Bass

    Robert Kunze

  • Gesang

    Carsten Thiecke, Robert Kunze

  • Gitarre

    Benny Mertens, Stefan Kern

  • Schlagzeug

    Johannes Kreißig

Sonstiges

  • Label

    Laute Helden / SPV

  • Spieldauer

    52:18

  • Erscheinungsdatum

    15.07.2016

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