„Jeder von uns hat seine eigene Geschichte zu erzählen...“, mit diesen (allerdings englischen) Worten endet der Song, welcher dem Debüt-Album von SANDRA HOLLSTEIN seinen Titel verleiht: „Different Stories“. Ein Album, auf dem uns die Münchner Musikerin nicht nur eine, sondern gleich 13 Geschichten musikalisch zwischen Jazz und Chanson, Singer/Songwriter und Folk erzählt.
In erster Linie aber dominiert <a href="https://www.youtube.com/watch?v=XCVXWMi8GRE" rel="nofollow">„Different Stories“</a> der Jazz-Gesang sowie Piano und Akkordeon, also genau die Instrumente, welche die Musikerin seit früher Kindheit erlernte und nun perfekt beherrscht. Dabei begleiten sie am Bass, an Saxofonen, Celli, Klarinetten, Dulcimer, Glockenspielen und Ukulele weitere Musiker, von denen GURDAN THOMAS der namhafteste ist, in dessen Band SANDRA HOLLSTEIN selbst aktiv ist.
Bereits der Album-Einstieg mit „Catfish“ verunsichert. Da gibt‘s gleich ein free-jazziges Intro und improvisiert erscheinenden Gesang, der sich aber ganz schnell auf eine schöne Melodie besinnt und unsere Ohren mit Cello und Dulcimer umschmeichelt, während der Text geheimnisvoll mitteilt: „My heart‘s a cat whom god has given seven, eight, nine lives. / You have taken two already, but I still survive.“
Überlebenswille pur, aber auch Übermut.
Und dazu Musik, die solche Eigenschaften abwechslungsreich und mal stimmungsvoll, dann aber wieder traurig illustriert.
Besonders schön ist in diesem Sinne <a href="https://www.youtube.com/watch?v=zzaeN4PiXag" rel="nofollow">„Her Story“</a>, in der SANDRA HOLLSTEIN ihre Großmutter bittet, die Geschichte(n) ihres Lebens zu erzählen: „History run rights through you, tell me about it, tell the story of your life. / You made the world go round, you wanted everything, you dared the world.“, und das mit den wunder- und hochachtungsvollen Zeilen: „I see my face in yours, I recognise your smile, / I see the little girl still in your eyes.“, endet.
Aber auch der Winter, die Wolken und wie es sich unter Wasser anfühlt, spielen neben den immer währenden Thema zur Liebe und zur Zeit bedeutende Rollen in Hollsteins Songs, welche entsprechend der Thematik sehr unterschiedlich interpretiert werden, ohne je den Bezug zu jazzigen oder chansonetten Grundstrukturen zu verlieren.
„Plucking Petals“ kommt sogar mit wilder Percussion-Einleitung und schöner Bassklarinette daher, während das melancholische „Under Water“ sogar Country- und Pop-Elemente einbindet, „Clouds“ dagegen ordentlich swingt oder „Secret Love“ und „Your Song“ von emotionaler Melodramatik leben.
Man spürt der Musik von SANDRA HOLLSTEIN förmlich an, dass sie so lebendig wie die Sängerin selbst ist, die mit ihrer wundervollen, recht kräftigen Stimme, die aber durchaus auch sehr ruhig und fragil klingen kann, das ganze Spektrum von Weltmusik bis Jazz, Pop bis Folk locker abdeckt. Sie malt mit ihren Texten und Stimmbändern bunte Bilder – mindestens genauso bunt wie das Mohnfeld, über dem sie auf dem Cover „schwebt“, während uns auf der Rückseite des Booklets ein junger Schwan, der nicht etwa hässliches Entlein ist, begrüßt.
FAZIT: In einem Interview erzählt die leidenschaftliche Anglistikerin aus München, die sich der zu Herzen gehenden, lyrisch-erzählerischen Jazz-Folk-Musik verschrieben hat, dass sie schon immer sehr auf die englische Sprache orientiert war: „Für mich ist es viel schwerer, auf Deutsch zu schreiben, im Englischen gibt es eine natürliche Distanz, und man kann viel mehr mit dem Klang arbeiten.“ Wer sich Zeit für SANDRA HOLLSTEINs Debüt „Different Stories“ nimmt, wird unüberhörbar die Bestätigung ihrer Worte genießen können.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.09.2016
Sandra Hollstein
Sandra Hollstein
Michael Watzinger, Gurdan Thomas
Sandra Hollstein
Stefan Noelle
Sandra Hollstein (Akkordeon, Glockenspiel, Kalimba), Martin Höfert, Mathis Mayr (Cello), Christoph Reiserer (Klarinetten, Saxofone), Gurdan Thomas (Ukulele, Glockenspiel, Cornet)
Tasal Records
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23.09.2016