SLOPPY JOE‘S. „Eight Reasons To Rock“. Bandname, Albumtitel und Coverbild sagen eigentlich schon mehr als genug: Das ist entweder scheiße oder parodistisch gemeint scheiße.
Weil man es dabei leider nicht bewenden lassen kann, muss man sich das gute Stück um die Ohren hauen. Es tut weh.
Es geht munter los mit einer Coverversion von PAUL ANKAS „Diana“. Ein Stück des Originals hat man als extra leises Intro eingefügt, damit auch der Lautstärkenunterschied richtig rauskommt, wenn die Hamburger anfangen zu ROCKEN. Denn die drei Witzfiguren, die sich selbst als „ROCKaholics“ bezeichnen, wollen einfach mal so richtig ROCKEN, falls es noch nicht klar geworden ist, ROCK‘N‘ROLL ist nämlich ihr Lebensgefühl! „Yeah this is Johnny Angel on bass, Pätzy Dävey on the drum, my name is Jesse Garon, we gonna kick your ass.“ Facepalm.
Mit einer weiteren Coverversion wird man beglückt, bevor selbstgemachte Songs die Ohren erfreuen: Don Gibsons „Lonesome No.1“ fängt mit einem eigentlich gar nicht schlechten BLACK-SABBATH-meets-AC/DC-Intro an, bevor SLOPPY JOE‘S übergangslos zu bierseligem Lala-Rock übergehen und jegliche tiefere, melancholische Dimension, die dem ursprünglichen Country-Song innewohnte, zu Tode ROCKEN. Und dass genreübergreifende Coverversionen grundsätzlich sehr wohl funktionieren können, beweisen z.B. THERAPY? mit ihrer Adaption von JOY DIVISIONS
„Isolation“.
Hoffentlich hatte man genug Zeit, während dieser beiden Lieder gehörig hopfenbasierten Substanzmissbrauch zu betreiben, denn wenn nicht, riskiert man, auf der nun folgenden Odyssee von „...jaaa“ über „meinen die das ernst?“ nach „WO IST DER STECKER?“ wenn schon nicht den Verstand, so doch zumindest die gute Laune zu verlieren.
„Oh Baby can‘t you see you belong to me/Don‘t you know it‘s true I belong to you“. „Right Decision“ heißt dieser platte Dudeldü-Mix aus GREEN DAY, den TOTEN HOSEN und den DROPKICK MURPHYS, die wahrscheinlich einen kraftvoller Lovesong darstellen soll. Grausig. Aber das ist erst der Anfang.
Mit „Eat Sloppy Joe‘s“ käuen ebenjene musikalisch wie textlich uralte vertrocknete Hardrock-Klischees wieder, die so langweilig und unsexy sind wie Axl Rose anno 2015: „A rolling thunder blows your mind when the mean machine is grooving/‘Cause you‘re addicted to the beast you got to keep your body moving“: Ja ich move meinen body! Und zwar weg! Nur weg!
Dee Dee Ramone würde im Grab rotieren, wenn er die schwerfällige Neuinterpretation von „Sheena Is A Punkrocker“ hören könnte, die so peinlich, geschmacklos und unnötig ist wie ein Malle-Bumsbeat-Remix von „Anarchy In The UK“. Diese geschleckten Boys sind weniger Punk als Sigmar Gabriels Mittelfinger!
Bevor das epische Finale ansteht, muss man noch den jämmerlichen Versuch, Mariah Careys „Without You“ in eine SCORPIONSartige Rockballade zu verwandeln, über sich ergehen lassen. Der Soundtrack, wenn der HSV mal wieder verloren hat und man im Regen nach Hause taumelt? Sollte die Bockwurst dabei sowieso schon auf halbem Weg die Speiseröhre hinauf sein – nun, dieser schmalzige Kuschelrock-Waschlappen wird ihr Tür und Tor öffnen.
„Make Some Noise“ ist der finale Schrecken: „Make some noise for me, raise your voice, you‘ll see I rock your body“. Das muss doch als großangelegte Verarsche gedacht sein! Mit TNT-Heys und dem krampfhaften Veruch, eine hymnische Hook zu produzieren, der so gründlich daneben geht, dass es schon fast wieder lustig ist, geben sich die drei Herren mit den coolen Namen den Todesstoß.
Doch halt! Wenn man schon meint, es sei vorbei, kriecht eine Akustikversion von „Right Decision“ wie ein schleimiger Grottenolm aus den Lautsprechern. Diese stimmungsvolle Ballade soll wohl dazu einladen, die Arme in der Luft zu schwenken, aber als Alternativprogramm zu den Feuerzeugen hätte die offenbar leider ernst gemeinte Selbstparodie der drei Krawattenheinis hochgereckte Mittelfinger verdient.
FAZIT: Das Cover hält, was es verspricht: Eight Reasons To Kotz. Also: Lieber MONEYBOY hören – der krebst musikalisch auf ähnlich pränatalen Entwicklungsstufen herum, hat dabei aber wenigstens Unterhaltungswert.
Punkte: 3/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.10.2016
Johnny Angel
Jesse Garon
Jesse Garon
Pätzy Dävey
Timezone
30:24
30.09.2016