Eine der großen Aufgaben eines Musik-Magazins sollte es wohl seien, neben dem Analysieren von Stärken oder leider viel zu oft auch Schwächen musikalischer Meisterschaft, auf Entdeckungen hinzuweisen, die Andere niemals hätten machen können, weil jede Menge Alben im Wust massenhafter Veröffentlichungen einfach untergehen. Die meisten Alben haben das nicht verdient, aber sie sind das qualitativ hervorragende Abfallprodukt der großen Müllstation Radio, die sich den großen Label-Müllmännern unterwerfen und den Durchschnittshörer mit mittelmäßiger Musikware oder dem puren Musik-Dünschiss zukacken. Manchmal leuchtet dabei eine Perle auf. Aber das ist genauso eine Seltenheit, wie die Perle, die wir nach unzähligen Tauchgängen in einer Muschel entdecken.
Die Band ÜMIT! ist diese Muschel, welche sich langsam öffnet und mit „The Spirit Of ÜMIT!“ eine Musik-Perle zum Vorschein bringt, die alle noch in Erinnerung schwelgenden Ohrenträger glücklicher und reicher macht, denen im Radio die Musik abhanden kam, welche vor langer Zeit noch für ein überraschendes Aufhorchen sorgte. Instrumentale kraut- und space-rockige Musik von NEU! CLUSTER, HARMONIA oder MICHAEL ROTHERs „Flammende Herzen“ samt „Katzenmusik“, aber auch HAWKWIND, VANGELIS und ALAN PARSONS PROJECT. Das alles gibt es positiv massenhaft auf diesem unglaublich krautig-elektronischem Album mit Gitarrenparts, die ihresgleichen suchen, jede Menge zu entdecken.
Doch nicht nur das.
Auch die schwebenden Momente, in denen sich Gitarre, Schlagzeug, Keys und Bass zu „Wish You Were Here“-Zeiten bei PINK FLOYD zu einem völlig neuen Klang-Universum zusammenschlossen, um verrückten Diamanten einen unvergessenen Sound zu verleihen, wird man bei UEMIT entdecken. Das liegt besonders an der großen, unüberhörbaren Leidenschaft ihres Gitarristen für DAVID GILMOUR, der PINK FLOYD seinen ganz speziellen Saitenzauber verlieh. Am intensivsten kommt das beim Hören von <a href="https://soundcloud.com/uemitisaband/tiefensee" rel="nofollow">„Tiefensee“</a> zum Ausdruck, wobei man sich wirklich ernsthaft die Frage stellt, ob da nicht doch DAVID GILMOUR ausgeholfen hat.
Hat er nicht, denn JOCHEN OBERLACK, dessen zweiter Name oder zumindest Spitzname Gilmour heißen müsste, meistert seine Sache ganz ausgezeichnet. Zwar wird er deswegen wohl von der Queen nicht zum Ritter geschlagen werden, aber auf „The Spirit Of ÜMIT!“ verpasst er sich mit seiner Sechssaiter definitiv den eigenen musikalischen Ritterschlag.
ÜMIT! kommen nicht aus einer englischen Weltmetropole, sondern der deutschen Stadt, die von GRÖNEMEYER in seinem Bochum-Liebeslied zynisch als peinliches Gegenstück besungen wird: Düsseldorf. Ja, Gröni tritt jetzt in Stadien auf und hat sich längst aus Bochum verdünnisiert, während ÜMIT! in aller Ruhe direkt aus Düsseldorf die Stadtanziehungskraft traumhaften Progs im Verborgenen zelebrieren. Denn auch dort kann man ganz ähnlich wie ASHRA nach dem „New Age Of Earth“ suchen.
ÜMIT! haben es gefunden und machen uns dabei mit ihrer Musik wieder ein bisschen reicher. Eine Perle, die man nicht an das Ohr hängt, sondern die sich in ihm entfaltet!
FAZIT: Schon nach den ersten Klängen von „The Spirit Of ÜMIT!“ wird dem Hörer klar, wohin die Klangreise mit ÜMITs Musiknavigationssystem führt. Zu der bunten Vielfalt entspannt-krautiger Psychedelic-Welten, die wir im Zeitalter mittelmäßigen Radiomainstreams selber suchen und entdecken dürfen. ÜMIT öffnen uns mit diesem Album eine noch verschlossene, geheimnisvolle Tür. Das einzige, was wir tun müssen, ist das Radio auszudrehen und durch diese Tür einzutreten. Aber am Ende ist jeder selbst dafür verantwortlich, ob er sich die Radio-Hölle von anderen präsentieren lässt oder weiter mit Hilfe seines CD-Players nach dem Himmel sucht.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.08.2016
Von Irme
Jochen Oberlack
Jochen Oberlack
Peter Sherman
Bellerophon Records
44:46
03.11.2015