Der Teufel steckt im Titel: VEINs neues Album soll bis zu einem gewissen Grad jazzmusikalische Kamermusik sein, wobei sich das Trio nicht auf irgendeine musikalische Epoche beschränkt, sondern schrankenlos aufspielt, nachdem es zuletzt gemeinsam mit Dave Liebman eher konservativen Combo-Jazz zockte. Der Einfallsreichtum der Mitglieder bleibt indes ungebrochen und macht "The Chamber Effect" zum Höhepunkt nicht nur des europäischen Jazz.
"Boarding The Beat", das sich vom rhythmischen Esel zum elegant tänzelnden Pferd mausert, stellt die Weichen für alles weitere: Die Basler gehen unvorhersehbar zur Sache, gestalten die Übergänge von einem zum anderen - seien es unterschiedlichen Stimmungen oder Metren - allerdings derart fließend, dass keinerlei Hektik aufkommt. Die ausnahmslos selbst komponierten bzw. improvisierten Stücke wirken daher wie aus einem Guss und können durchaus knapp neun Minuten dauern ("Sheherazade") oder ins Materialhafte abdriften wie die zarte Klangstudie "Poeme De Nuit".
"Prelude" mit lyrischem Basssolo tönt nicht nur hinsichtlich seines Titels klassisch, was auch für die Ballade "Ode To The Sentimental Knowledge" gilt, zu der man sich einen Crooner am Mikro vor den Instrumentalisten vorstellen kann, wohingegen "In Medias Res" genauso wie "Ballet Of The Monkeys" die Virtuosität der Musiker ohne Angeberei ins Schlaglicht rückt. Trotz des berührenden "Pastorales" als einzigem Stück von Bassist Lähns ist der der heimliche Star der Platte Schlagzeuger Florian Arbenz, der glatt als Power-Drummer seiner Zunft durchgeht.
FAZIT: Fabelhafter bis atemberaubender Trio-Jazz der ausdrücklich nicht konservativen Art und frischer Wind im Musikzimmer, bevor die Fenster des Winters wegen seltener geöffnet werden.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.10.2016
Thomas Lähns
Michael Arbenz
Florian Arbenz
Unit / Harmonia Mundi
47:57
16.09.2016