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Vessel: Patterns Of Blue

Stil: Schwelgende Melancholie und ruhige Schönheit

Cover: Vessel: Patterns Of Blue

Manchmal nervt es ein wenig, wenn eine Band oder ein Solo-Projekt sich einen Namen verleiht, den sich längst schon andere Musiker ausgewählt und vergeben haben. VESSEL ist mal wieder das beste Beispiel dafür, denn wenn man glaubt, sich, weil einem das aktuelle Album dieses Solo-Projekts des Dänen ANDERS MATHIASEN richtig gut gefällt, auch die weiteren Alben besorgen zu müssen, könnte es ganz schnell passieren, dass man statt dieser ruhig-atmosphärischen Musik plötzlich elektronisch dominierten Post-Rock einer Band aus Leeds erhält, weil man nicht aufgepasst hat, dass die noch ein zusätzliches „s“ an ihrem Namen hängen haben.
Die Verblüffung ist garantiert grandios, denn der einzig sich ähnelnde Moment zwischen VESSEL und VESSELS Musik ist der Bandname.

ANDERS MATHIASEN jedenfalls stammt aus Kopenhagen und ist dort besonders durch das Duo MURDER (Ebenfalls ein außergewöhnlich „einfallsreicher“ Name!) bekannt, welches sich auf atmosphärischen Neo-Folk in Richtung NICK DRAKE spezialisiert hat und bei dem er Gitarre spielt und gemeinsam mit JACOB BELLENS singt.

Nun also VESSEL!
Auch hier spielt Mathiasen Gitarre und singt, allerdings begleiten ihn dabei mehrere Musiker an Keys, Bass, E-Gitarre, Violine und Posaune. Sehr verhalten zwar und absolut ruhig, aber durchaus der melancholischen Musik-Sache dienend. Spätestens nach dem zweiten Song von „Patterns Of Blue“ fühlt man sich unweigerlich an LAMBCHOP erinnert, wohl auch weil das Piano oftmals neben dem zerbrechlich wirkenden, absolut beeindruckenden Gesang im Mittelpunkt des Albums steht. Nach und nach drängen sich gar die beiden norwegischen Bands MADRUGADA und MIDNIGHT CHOIR bei den atmosphärischen VESSEL-Klang-Arien auf. Nur dass VESSEL es noch ruhiger, noch tiefenentspannter und noch melancholischer angehen. Die große Kunst der Langsamkeit, aber nicht Langatmigkeit, wird auf „Patterns Of Blue“ leidenschaftlich zelebriert.
Da wundert es auch nicht, dass VESSEL am 23. und 27. April 2016 als Support für die TINDERSTICKS, deren letztes Album ja ebenfalls die ganz große Kunst ruhig-atmosphärischer Musik-Mystik auslebte, in Oslo und Arhus auftreten.
Eine ideale Wahl!

Auf „Patterns Of Blue“ entwickeln VESSEL kleine Musik-Epen, getragen von den Schönheiten des ruhigen Klangs, der sich zwischen vier und acht Minuten bewegt und deren Texte passend verträumt klingen, wobei wir in „Chasing The Wind“ auch erfahren, wie das Album zu seinem Namen kam, der bewusst nicht als Titel eines Songs, sondern eben nur als Textzeile auftaucht: „Waves are forming / Patterns of blue / The true believers / Chasing the wind.“
Texte voll lyrischer Schönheit und natürlichem Glanz, der nicht die Augen, sondern die Ohren zärtlich umschmeichelt.

FAZIT: Nicht nur die TINDERSTICKS beherrschen seit ihrem letzten Album die klangvolle Schönheit der Ruhe! Wer deren Album mag, sollte sich unbedingt auch einmal VESSELn lassen! Allerdings haben diese VESSEL-Spiele wirklich nur einen (be)ruhigen(den) Coitus - ohne jeglichen Interruptus - zur Folge!

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.04.2016

Tracklist

  1. The Clearing
  2. Prophecy Deciphered
  3. Veils of Wine
  4. Clear As Day
  5. Chasing The Wind
  6. Into The Wild
  7. Theatre For The Blind
  8. Hail Yr Idols

Besetzung

  • Bass

    Anders Christensen

  • Gesang

    Anders Mathiasen

  • Gitarre

    Anders Mathiasen, Jakob Bro

  • Keys

    Simon Toldam

  • Schlagzeug

    Bjorn Heeboll

  • Sonstiges

    Mads Hyhne (Posaune), Nils Gröndahl (Violine)

Sonstiges

  • Label

    DME / Eigenpressung

  • Spieldauer

    44:30

  • Erscheinungsdatum

    22.04.2016

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