In Finnland sieht der Tropfen auf einem Cover ganz ähnlich aus wie der auf einem Cover aus England. Hinter diesem verbarg sich ROB REED mit seiner faszinierenden „Neuauflage“ eines alten OLDFIELD-Gefühls namens „Sanctuary“.
Eine ähnliche Atmosphäre geht auch vom VILMA TIMONEN QUARTET aus, das mit „Drops“ weltmusikalische Gefühlsregungen mit finnischen Traditionen und dem „Kultinstrument“ schlechthin, der Kantele, verbindet.
Mit kräftiger Stimme singt VILMA TIMONEN dazu ihre finnischen Texte, die, wie bei Nordic Notes langsam angenehm gewohnt, in einem schönen, umfangreichen Booklet abgedruckt und in englischer Sprache erläutert sind. Auch für die Augen und den Geist gibt‘s eben ordentlich Futter, aber die Ohren selber werden garantiert genauso begeistert sein.
Das VILMA TIMONEN QUARTET lebt von akustischer Musik, die so abwechslungsreich ist wie ein Gewitterregen, der, nachdem er sein Unwesen getrieben hat, einen herrlichen Regenbogen hervorbringt. LOREENA McKENNITT kommt einem beim Hören von „Drops“ immer wieder in den Sinn. Und das nicht nur wegen der Kantele, die ja eine griffbrettlose Kastenzither ist, sondern auch wegen der vielfältigen weltmusikalischen Einflüsse auf „Drops“, die auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=5NMBzt6Zxaw" rel="nofollow">„Pinnan Alla“</a> sogar mit ein paar Percussion-Soli aufwarten, welche wahrscheinlich auch einen TRILOK GURTU in Verzückung versetzen würden.
Aber auch VILMA TIMONEN stellt höchste Ansprüche an ihre Musik und klingt dabei sogar fast ein wenig geheimnisvoll: „Manchmal stelle ich mir vor, dass es einen niemals versiegenden, bis ins unendliche reichenden Fluss gibt, wo Geschichten wie Wörter und Melodien fließen... Diese Geschichten enthalten Erinnerungen an eine lange vergangene, zärtliche Liebe... Momente, die ein Leben völlig verändert haben. Momente voller Verzweiflung und Hass, aber auch Momente voller Lachen und schüchterner Hoffnung. Die Songs und Melodien sind wie Tropfen („Drops“) dieses Wassers.“
Ähnlich geheimnisvoll und zugleich mystisch wie diese Worte klingt auch die Musik - verträumtes Zitherspiel vereint sich mit zarten Trompetenklängen, dunklen Bässen und kristallklaren akustischen Gitarren, die an das leidenschaftliche Spiel eines AL DI MEOLA erinnern, während die Percussion mal begleiten, aber sich oftmals auch freispielen und zu solistischen Ausflügen ansetzen und die Timonen ihrer einprägsamen Stimme mal eine tiefe Klangfarbe verleiht, aber sich auch immer wieder Engelsflügel wachsen lässt und in himmlische Höhen aufsteigt.
So gelingt dem Quartett eine Fusion aus traditioneller finnischer Volksmusik und modernen, fast etwas jazzig rockenden Traummelodien, die beispielsweise auf „Kuutar“ (ein Song über die Mond-Göttin) sogar finnische und indische Musik-Tradition in sich vereinen oder in <a href="https://www.youtube.com/watch?v=MNvEpUNO1Q4" rel="nofollow">„Tuuli“</a> (Wind) einen fast hitverdächtigen frischen Wind mit sich bringen. Diese unterschiedlichen Musikrichtungen stehen aber nicht etwa neben-, sondern sie flirten miteinander und zeugen dabei ein zärtliches Musikwesen, das den Namen „Drops“ trägt und deren liebevollen Eltern VILMA TIMONEN QUARTET heißen.
FAZIT: „Manchmal kann eine Melodie eine Geschichte viel besser erzählen als tausend Worte!“, sagt VILMA TIMONEN und haut mit ihrem QUARTET ein „Drops“-Album voller traditioneller und moderner Folk- und Weltmusik-Melodien raus, in der sogar mit wenigen Worten wunderschöne Geschichten erzählt werden.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.06.2016
Jaakko Kämäräinen
Vilma Timonen, Tuomas Timonen, Topi Korhonen, Jaakko Kämäräinen
Topi Korhonen
Tuomas Timonen
Vilma Timonen (Kantele), Topi Korhonen (Trompete)
Nordic Notes
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03.06.2016