Es ist nicht unbedingt traurig, nach Ewigkeiten immer noch damit hausieren zu gehen, dass man mal maßgeblich für ein Megahit-Album (in diesem Fall AXXIS' zeitloser Melodic-Schmeichler "Kingdom Of The Night") verantwortlich zeichnet, aber doch bis zu einem bestimmten Grad bedenklich. Gegenstand dieser Feststellung ist Walter Pietsch, der musikalische Strippenzieher hinter vielem, was die einstige German Rock Sensation in ihrer Frühzeit fabrizierte und nun mit seinem ersten Soloalbum aufwartet.
Darauf singt der Rundum-Musiker und hauptamtliche Gitarrist auch, was ihm beileibe nicht schlecht steht. Davon abgesehen bietet er mit seinem Alleingang abwechslungsreichen Rock mit zeitgemäßer Produktion, der allerdings durch und durch "weit hinten" verwurzelt ist. Die frühen bis mittleren ROLLING STONES kommen in den Sinn - gleichwohl mit knackigerem Gitarrensound, der eher dem 1980er-Hardrock entsprungen ist (wo sonst bei diesem Lebenslauf?) -, aber auch amerikanische Roots-Gezüchte aus den mittleren bis späten Seventies.
Ob das mit sanfter Orgel unterlegte Titelstück oder das elegante "Down To Broadway", das seinem Titel stimmungsmäßig gerecht werdende "Rule The World" (fast noch eher die Welt umarmend) oder das Grande Finale "Unheard": Pietsch inszeniert seine teils üppig arrangierten und mit Virtuosität im zweckmäßigen Umfang eingespielten Tracks weitgehend ohne Floskeln (inhaltich mag das Titelstück diesbezüglich trügen) und gewinnt damit in jeder Hinsicht.
Alles in allem betrachtet dient der Opener "Deep Inside" in seiner subtilen Melodiösität gewissermaßen als Wegweiser, doch es ist nicht so, als sei danach stilistisch alles gesagt. Pietsch zeigt sich ausgesprochen variabel, und dass die Produktion zwar druckvoll "und mainstreamig" ausgefallen ist, aber dennoch Zähne zeigt, ist nichts weniger als erfreulich, wenn man bedenkt, dass sich der Mann durchaus nur Feierabend-Rockern andienen könnte. Stattdessen erweisen sich die Stücke von "Once You Rock - Never Forget" als mehrheitstauglich, ohne textlich oder spielerisch bieder zu wirken.
FAZIT: Facettenreich und dennoch traditionell ausgerichtet, kompakt wie aufwändig ausstaffiert - Walter Pietschs Soloeinstand ist ein modernen Ansprüchen genügendes Rock-Album mit Bratgitarren und einigen spielerischen Leckerbissen, die kommerzielles Potenzial besitzen und trotzdem nicht nach Dienstleistung klingen. Das ist viel mehr, als man vom "Zeitvertreibt" eines Vollprofis erwarten kann.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.06.2016
SAOL / H'art
45:56
17.06.2016