Der Bandname verrät im Grunde schon alles – hier spielt das Banjo die „erste Geige“ und damit werden wir garantiert auch so einige Country-Klänge serviert bekommen. Weiß man nun zugleich, dass WE BANJO 3 aus Irland kommen, wird eine weitere Musik-Zutat garantiert noch der Irish Folk sein. Wenn wir hierzu noch ein paar traditionelle sowie weltmusikalische und poppige Elemente hinzurechnen, dann wissen wir mit musikalisch-mathematischer Genauigkeit, wie die „String Theory“ anno 2016 funktioniert! Oder um es kurz zu machen – ganz Irland ist begeistert und überschlägt sich mit Superlativen, wie beispielsweise die „Huffington Post“, indem sie feststellt: „Eine irische Band, die alles in sich vereint, was man nur noch mit Superlativen ausdrücken kann!“
Nun denn – vielleicht sind aber all die angesprochenen Superlative nicht jedermanns Sache und wer mit irischem Folk oder Country sowie Traditionals nur wenig anfangen kann, der wird sich ganz schnell von diesem „heißesten Act der Musikszene Irlands, obwohl sie die traditionellen Muster des Irish Folk förmlich aus den Angeln heben“, abwenden und die wieder in die Angeln eingehängte Musik-Tür hinter sich schließen.
Wer aber Weltmusik liebt, vielleicht schon beim größten deutschen Weltmusikfestival in Rudolstadt war, der wird WE BANJO 3 genauso heiß lieben wie die Iren, besonders auch darum, weil sie mit ihrer leidenschaftlich-feurigen Musik im Jahr 2014 als absolute Top-Nummer genau dieses Festival regelrecht aufmischten. Dass sie sogar BARACK OBAMA, der als heimlicher Fan des Banjos gilt, live bespielten, muss dagegen nicht unbedingt ein ausgesprochenes Qualitätsmerkmal für die Musik der Iren sein, eher leider eins, dass sie ihre Musik auch im Interesse politischer Gesinnungen verballhornen.
Die Dreiviertelstunde Musik auf „String Theory“ weist ansonsten keine großen Besonderheiten auf. WE BANJO 3 mischen die Traditionen des irischen und amerikanischen Folks und verpassen ihm jede Menge Pop-Appeal und achten akribisch darauf, dass seine Dynamik auch immer die schwungvolle Tanzbarkeit aller Songs garantiert – ihr selbstformuliertes Motto lautet dabei: „Get up and dance!“
Ganz ähnlich verhielt es sich auch mit dem 2012er Debüt „Roots Of The Banjo“ von WE BANJO 3, das sich aus zwei Brüder-Paaren, nämlich MARTIN & DAVID HOWLEY (singender Gitarrist & Banjo- sowie Mandolinen-Virtuose) sowie dem humorvollen Weltklasse-Geiger FERGILL SCAHILL und seinem ebenfalls ganz dem Banjo verschriebenem Bruder ENDA, der bereits bei den CHIFTAINS spielte, zusammensetzt. Ihr Debüt eroberte sofort den Titel „Traditional Album Of The Year“ bei der „Irish Times“, der 2014er Nachfolger „Gather The Good“ diente ihnen dann als Grundlage für ihre Headliner Tour durch Deutschland, nachdem sie bereits von New York bis Peking live ihr Können unter Beweis gestellt hatten – bei dem die „Südwestpresse“ zu dem Schluss kam: „Mit ihrer unwiderstehlichen Bühnenshow und dem ungeheuer energiegeladenen und zugleich relaxten Banjo ist die Band in kürzester Zeit zu einem Highlight auf Festivals und Konzerten geworden. Eine Wahnsinnsstimmung ist vorprogrammiert und irgendwann verfallen nahezu alle Zuschauer ins Tanzen!“
Auf „String Theory“ hat sich im Verhältnis zu den beiden Vorgängern jedenfalls nichts geändert – und man bekommt all das, was zuvor mit dermaßen euphorischen Lobpreisungen versehen wurde, erneut geboten, auch wenn das Cover etwas eigenartig anmutet. WE BANJO 3 brauen hier jedenfalls ihr ureigenes Musik-Gemisch, das traditionell klingt, aber völlig neu ist und jedem Sessel-Pupser gehörig Feuer unterm Hintern macht, dass seine Furze zum Flammenwerfer werden und ihn auf die Tanzfläche treiben, während seine Sofa-Kissen in Flammen stehen.
Besonders gelungen ist das vom Grammy-nominierten Folkmusiker GREG BRWON geschriebene Stück „Ain‘t Nobody Else Like You“, bei dem besonders auch die Duett-Partnerin AOIFE SCOTT begeistert. Das hat sogar etwas von der „Fairytale Of New York“-Stimmung der POGUES mit leidenschaftlicher Unterstützung von KIRSTY MacCOLL zu tun.
Mit „Two Sisters“, einer der wenigen Balladen des Albums, erfolgt dann zusätzlich eine musikalische Zeitmaschine-Reise in das Jahr 1656, in dem eine Geschichte zweier Schwestern erzählt wird, die sich um Liebe, dann Eifersucht und schlussendlich Mord dreht. Als Inspiration für dieses Stück diente dem Brüder-Quartett ein Song von TOM WAITS.
Mit der wilden Bluegrass-Nummer „Chair Snappers‘ Delight“ endet „String Theory“ genauso wie es begann – als wilde Irish-Folk-Dance-Explosion, welche die „Augsburger Allgemeine“ sogar zu der Bemerkung hinreißen ließ: „Im Sound steckt auch eine erfrischende Portion Bluegrass […] und bei den schnelleren Stücken sind die Howley-Brüder und E. Scahill derart fingerfertig am Zupfinstrument Banjo, dass selbst Gitarrenkünstler der Speed-Metal-Szene den Hut ziehen würden.“ Bleibt am Ende nur die Frage, ob die auch solche Musik wie von WE BANJO 3 überhaupt hören würden!?
FAZIT: WE BANJO 3 gelten in Irland als das heißeste, was die Musik-Szene dort zu bieten hat, weil sie einerseits die traditionellen Muster des Irish- und American-Folk miteinander mischen, aber zugleich durch ihre unkonventionelle, absolut moderne und extrem dynamische Spielweise diese Mixtur regelrecht zum Überlaufen bringen und alle Tradition so einige druckvolle Tritte in ihren faltigen Hintern bekommt.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 16.11.2016
Trevor Hutchinson, James Blennerhasset
David Howley, Martin Howley, Fergal Scahill, Enda Scahill, Aoife Scott
David Howley, Fergal Scahill, Martin Howley, Enda Scahill, Alison Brown
Fergal Scahill
Ben Hunton (Trompete), Nancy Gamso, Kevin O'Neill (Saxofone), Andy Rice (Posaune)
WEBANJO03 / WB3CD004
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23.09.2016