Wenn eine deutsche Band es wagt, sich auf ihr eigenes Können zu verlassen, dann sollte sie im Vorfeld natürlich nicht auf ein finanzkräftiges Platten-Label hoffen, sondern auf sich selbst.
So bleibt oftmals nur der Weg des Crowdfunding, also den Versuch, sich sein bis dahin noch nicht veröffentlichtes Album über Fans und Freunde vorfinanzieren zu lassen und erst bei Erreichen der notwendigen Summe zur Tat zu schreiten und das Album zu produzieren. Nicht wenige scheitern bei diesem visionären Versuch und müssen erkennen, dass ihre Musik eben nicht so gut oder beliebt ist, wie sie es erwarteten.
Völlig anders erging es dabei WILLIAM‘S ORBIT aus dem beschaulichen oberpfälzischen Städtchen Weiden, die im Dezember 2015 mit dem Ziel, 10.000 € über Crowdfunding vorzufinanzieren, um ihr erstes Album, nicht wirklich einfallsreich „Once“ genannt, angehen zu können.
Fast unglaublich liest sich die Tatsache, dass WILLIAM‘S ORBIT bereits nach zwei Tagen (!!!) die Summe komplett hatten und <a href="https://www.youtube.com/watch?v=r9USUhIDFdM" rel="nofollow">sich liebevoll und einfallsreich dafür auch im Netz bedankten</a>. Nun also, insgesamt vier Monate später, dreht sich die CD „Once“, hübsch in einem gelben Digipack verpackt sowie mit 16seitigem Booklet samt aller Texte versehen, bereits im CD-Player des Kritikers und ab dem 6. Mai schon im Player oder auf dem Plattenteller ihrer gegenwärtigen und sicher zukünftigen Fans.
Blättert man im Booklet von „Once“ bzw. betrachtet die Textnamen genauer oder sieht, unter welchem Titel WILLIAM‘S ORBIT derzeit ihre Konzerte aufführen, dann kommen unweigerlich Erinnerungen an die TALKING HEADS auf. „Once In A Lifetime“ ist dort zu lesen und genauso hieß auch 1980 der größte Hit der „Quasselköppe“. Eine berechtigte Parallele, denn „Once“ wohnt unverkennbar die 80er- und 90er-Jahre-Atmosphäre anspruchsvollen Indie-Rocks inne, den internationale Bands wie die TALKING HEADS, THE BOO RADLEYS oder die IMMACULATE FOOLS und national FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE oder die JEREMY DAYS prägten.
Fast ansatzlos greifen WILLIAM‘S ORBIT diese Szene auf und transferieren sie in ihre eigene Musik-Gegenwart. Sehr erfolgreich sogar. Der sehr gute Gesang, die Beherrschung der Instrumente oder das Gespür für eingängige, aber nicht banale Melodien, ist dabei ihr Erfolgsrezept. Bei den Texten, die sich vordergründig um zwischenmenschliche Beziehungen drehen, gibt‘s aber noch deutlich Luft nach oben, wobei auch die übertriebenen im Satz gesungenen „Oooohhhs“ und „Aaaaahhhs“ manchmal etwas nerven.
Das nachdenklich beginnende und sich dann zu einem kleinen Hookline-Hit entwickelnde <a href="https://www.youtube.com/watch?v=_Tw4_ldsq_I" rel="nofollow">„Streets We Roam“</a> bündelt alle Qualitäten der jungen Band, die auch in <a href="https://www.youtube.com/watch?v=g4fRHh8JIkM" rel="nofollow">ihrer ersten Video-Auskopplung zum Album „Miles Away“</a> rundum sympathisch rüberkommen. Als Menschen, Musiker und auf der Bühne wie im Video Agierende. Bleibt zu hoffen, dass sie nichts von dieser Ausstrahlung verlieren. Dann sollten WILLIAM‘S ORBIT an einer musikalischen Zukunft zimmern können, die vielen zu früh Abgehobenen zurecht verwehrt bleibt.
„We Will Meet Again“, der letzte Song des Albums spielt nicht nur in der Textzeile „Where the cities have no names“ auf U2 an, sondern lässt besonders bei der Gitarre zusätzliche Parallelen zu besagter Supergroup erkennen, deren BONO sich als Weltfrieden-Prediger immer stärker ins Abseits stellt, gerade wenn er mit Apple-Konzern-Hilfe neue, brutale Vermarktungsstrategien des eigenen Albums zulässt. Vielleicht sollten die musikalischen Multimillionäre sich endlich mal wieder an ihre Anfangstage erinnern, als sie ähnlich wie WILLIAM‘S ORBIT noch an ihre Musik statt an leere Botschaften und volle Konten glaubten. Bei U2 jedenfalls scheinen die Anfänge längst vergessen, WILLIAM‘S ORBIT werden sicher aber von ihren Fans, die sie so intensiv bei der Verwirklichung ihres ersten Albums unterstützten, auf den Boden zurückgeholt, wenn sie dem Versuch unterliegen, abzuheben.
FAZIT: „Once“ hat genau den Charme eines der früheren 90er-Jahre-FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE-Alben zu Zeiten von „Jau“ oder „Hook-A-Hey“, bevor die dann ihr wahres Meisterwerk „Mono“ vollendeten und veröffentlichten. Steht uns Ähnliches noch bei WILLIAM‘S ORBIT bevor? Die Zeit und musikalische Kreativität der Oberpfälzer wird es zeigen.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.05.2016
Lukas Höllerer
Siegfried Häusler, Michael Siegel, Lukas Höllerer, Christian Gold
Michael Siegel, Siegfried Häusler
Christian Gold
Lukas Wurzer
Motor Entertainment / Eigenvertrieb
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06.05.2016