Happy Xmas – mit zehn Songs über <a href="https://www.youtube.com/watch?v=b5YaZqerCfw" rel=„nofollow“>"endlose Verderbtheit“</a> melden sich XTERNITY aus Münster auf ihrem zweiten Album zurück.
Das Cover und der Titel des ersten Songs lassen Böses ahnen: „Invasion '44“ - we wanna be badass like MARDUK and shit, ya know?!
But rejoice! Es ist kein weiteres einfalls- und geschmackloses Zweiter-Weltkrieg-Gedöns, das XTERNITY da unter dem Banner von, Zitat, „Blackened Melodic Death Metal“ fabrizieren. Mit dieser Thematik hat es sich nach dem erwähnten Titel nämlich auch schon wieder, man wendet sich mit Texten, die sich oft schwer vom Aneinanderreihen von Phrasen und absehbaren Reimen lösen können, den allgemeinen Unzulänglichkeiten der menschlichen Rasse zu: Sich gegenseitig abschlachten, sich gegenseitig irgendwelchen Göttern opfern, plündern, vergewaltigen, nicht aus den Fehlern der Vergangenheit lernen - was man halt so macht.
Wo wir gerade beim Thema Texte sind: Es ist schon ein wenig schizophren, dass man sich einerseits über die mangelnde historische Lernfähigkeit mokieren und andererseits ein Lied mit einer martialisch glorifizierenden Darstellung der Hermannsschlacht auf seinem Album unterbringen kann. Wem ein gewisser eloquenter Österreicher und seine ideologischen Kumpels vor etwa 80 Jahren schon genug lobende Worte darüber verloren haben, wie „wir“ damals „our home protected“ haben und die bösen Römer mit unseren germanischen Speeren aus unseren teutonischen Wäldern hinaus und bis nach Sizilien hinunter gefickt haben… - wer also keine Lust auf eine Neuerzählung dieser historisch höchst fragwürdigen und seit langer Zeit mit nationalistischem Gedankengut behafteten Schlacht hat, sollte von diesem Album oder zumindest von dem Song „Spear Behind Disguise“ Abstand halten. Unterstellen wir jetzt mal lediglich geschichtliche Empathie und kommen zur Hauptsache:
Auch musikalisch ist hier wenig MARDUK zu finden: Anstatt sich deren dreckigem Black-Metal-Chaos hinzugeben, halten XTERNITY ihren Sound eher sauber, wobei die selbstgegebene Genrebezeichnung ziemlich gut trifft, was man hier zu hören bekommt: Ordentlich produzierten Melodeath, der immer wieder die keifige Bosheit von Black Metal mit einbindet aber sich bisweilen auch zu fast schunkeligen Hooks (vgl.„Necromentic Prophecy“) hinreißen lässt.
Sauber, sauber wie Leitungswasser – so gehen die ersten drei Songs hinunter. Zwar lässt sich nicht viel bemäkeln, aber kein Riff setzt sich fest, selbst solche Parts, die man noch während dem Hören als höchst eingängig beschreiben würde, hinterlassen auch nach einigen Durchläufen keinen bleibenden Eindruck.
Erst das erwähnte „Spear Behind Disguise“ und das eher angeschwärzte „Das Menschenvolk“ schaffen es, den mittelmäßigen Eindruck ihrer Vorgänger zu relativieren. Es zeigt sich, dass XTERNITY ihre besseren Momente unter Einwirkung von ordentlichen Dosen Melodie haben, „Das Menschenvolk“ beispielsweise erinnert streckenweise sehr an WALDGEFLÜSTER. Um mit schierer Gewalt Eindruck zu machen, sind ihre Songs zu sauber und zu wenig dicht aufgestellt.
Wie der Titel vermuten lässt, hat „Das Menschenvolk“ einen deutschen Text. Leider ist dies die einzige Gelegenheit, bei der Sänger Milan sein kraftvolles und unterhaltsames Kreisch-Grunz-Wechselspiel in nicht-englischer Form präsentieren darf. Zwar gibt auch dieser Text nicht viel mehr als misanthropische Allgemeinplätze her, ein WALDGEFLÜSTER-Vergleich auch auf dieser Ebene ist also unangebracht, doch die härtere deutsche Zunge passt (meinem Empfinden nach) besser zum Stil der Band.
Über „Gods Of Greed“ (Gut, bringt die qualitativen und stilistischen Eigenheiten des Albums auf den Punkt), „Gilles Des Rais“ (Ordentlicher Midtempo-Death-Metal-Nackenbrecher) und „Kingdom Come's Slavery“ (Hmm, naja…) nähert man sich dem großartigen Finale des Albums, „In Callousness We Rot“: Was letzten Endes vom Album hängen bleibt, ist dieses Riff! XTERNITY schaffen, was DARKTHONE mit „Transylvanian Hunger“ (dem Lied) vorgemacht haben: Melodie und Melancholie mit der harschen Kälte von Black Metal zu vermählen. Hier scheint die Band ganz bei sich zu sein, während man anderenorts des öfteren das Gefühl nicht los wird, XTERNITY meinten, beweisen zu müssen, wie böse und brutal sie sein können. Es ist zu hoffen, dass sich die Band in Zukunft mehr auf diesen eher introvertierten Stil besinnt.
FAZIT: „Blackened Melodic Death Metal“, der schmerzlos hörbar ist und den man leider streckenweise auch ebenso schmerzlos wieder vergisst. Das Album bietet aber auf jeden Fall einige gute und einen wirklich sehr überzeugenden Song.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.11.2016
Thorben Franke
Milan Sikorski
Sven Strefel, Simon Wiedenhoft
Sven Epping
Aural Attack/Depot
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04.11.2016