Wie schon für die letztjährige EP (die zwei Stücke von damals gibt's auch hier wieder) dieser französischen Band gilt: Die Musik mag ungewöhnlich klingen, habt aber auch trotz des äthiopischen Sängers Asnake Gebreyes keinerlei Exotenbonus nötig, den man UKANDANZ geben mag. Die Band spielt eine Art Noise Rock mit Jazz-Elementen und ausgeprägter Heaviness, umschifft die Klischeeklippen von Ethno und World Music aber gekonnt.
Als schräg empfundene Melodien wie vor allem in "Lantchi Biyé", die sich aufgrund des leiernd improvisierten Gesangs der Azmari (äthiopisch eine entsprechung hiesiger Barden im Mittelalter oder schlicht Wandersänger) ergeben, paaren sich mit kreatürlich aufheulendem Saxofon (THE MASS und John Zorn lassen grüßen) und kantigen Rhythmen, die "Awo" trotzdem nicht sperrig anmuten lassen. Die bis aufs 18-minütige Finale recht kompakten Stücke sollten jedem halbwegs aufgeschlossenen Fan von schlicht einfallsreicher Gitarrenmusik gefallen, denn das sind und bleiben UKANDANZ allem Drumherum zum Trotz.
"Tchuhetén Betsèmu" ist vielleicht dahingehend der Referenzsong der Scheibe, weil man sich in ihn am raschsten einfinden kann: hingebungsvolle Vocals und zeitlose "Hooks" (wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat), dazu die Energie von mindestens anderthalb "gewöhnlichen" Rockbands. Die Eingängigkeit von UKANDANZ ergibt sich auch dadurch, dass ein Teil des gebotenen Materials aus fremder, genauer gesagt in der Musikhistorie der Heimat des Frontmanns befeuchteter Feder stammt.
Dadurch bergen viele Melodien und Wendungen irgendwie etwas Vertrautes - auch für Hörer von der Nordhalbkugel … Da soll noch jemand sagen, Musik sei keine universelle Sprache! "Endè Yerusalèm" könnte auch aus dem türkischen Anadolu-Rock-Nimbus stammen und begeistert davon abgesehen mit angezerrtem Bass als zusätzlicher Klangfarbe im ohnehin bunten Reigen. Der besagte überlange Abschluss ist obendrein ein kompositorisch genialer Schachzug hin zum Prog-Königtum - wird mal Zeit, dass vermeintliches Fußvolk die behäbigen Monarchen stürzt.
FAZIT: Ein scheinbar um sein Leben singender Frontmann, eine scheinbar am Limit spielende Band mit Jazz- wie Derbrock-Background … dies ergibt ein keinesfalls scheinbar, sondern echt, echt geiles, verboten originelles Album. "Awo" ist alles, was man sich nach dem vorangegangenen Kurzformat erhoffte.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.02.2016
Benoit Lecomte
Asnake Guebreyes
Damien Cluzel
Guilhem Meier
Lionel Martin (Saxofon)
Buda Musique
43:58
12.02.2016