Seit ihrem Albumdebüt sind zwei Jahre ins Land gezogen, nun meldet sich die All-female-Punk-Formation aus L.A. um Stacey Dee (Gitarre, Gesang) zurück. In dieser Zeit hatte ebenjene auch Gelegenheit, ein Drogenproblem zu entwickeln und wieder in den Griff zu bekommen.
Das „Wir sind wieder da“-Gefühl drückt sich gleich im Opener „Retrograde“ mit Kraft aus: „Stronger each day / making my way / out of retrograde“ heißt es da im Refrain, der mit seiner positiven Eingängigkeit besticht. Auch „I‘m Done“ weiß mit einer deutlichen BAD RELIGION-Schlagseite zu gefallen, bevor sich mit der Single „Womanarchist“ erste Zweifel einstellen, was da noch kommen mag. Der Songtitel spiegelt richtig wieder, was häufig wiederkehrendes Thema in den Texten der bösen Cops ist: „… make the whole world feminist“, haben sich die vier Frauen auf die Fahnen geschrieben, gegen Sexismus, Macho-Kultur und (natürlich) den omnipräsenten Präsidenten. Dass das, was letztlich vollmundig und selbstbewusst in den Lyrics passiert, oft ein recht plumper Phrasenpudding ist – geschenkt, es zählt schließlich die Attitüde und die Musik!
Aber gerade was letztere angeht, hat das Album leider zu wenig zu bieten. „Victoria“ stellt für mich den Höhepunkt dar: Zwar gibt es auch hier nichts, was nicht zumindest vage bekannt klingt (eher melodischen, eher cleanen, handlichen Punk), aber die Darbietung ist flüssig, „cool“ und kompakt; auf dem D-Beat reitet der ranzige Paarreim einsam in den Sonnenuntergang.
Auch das erwähnte „Womanarchist“ und sein großer (und besserer) Bruder „Warriors“ können prinzipiell überzeugen: Starke Melodien, Basslines, Akkordfolgen, Hooks, aber: Es fehlt einfach das „Feuer unter‘m Arsch“. Immer wieder vertrabt man sich im Lala-Land, verspielt Potential.
Andernorts kann von verspieltem Potential nicht mal die Rede sein: „Why Change A Thing“ düdelt ratlos vor sich in, von der wohl intendierten, sarkastischen Bissigkeit ist kaum etwas zu spüren. Doch auch das peinliche Doppel am Ende des Albums („Kids“ klingt in der Tat nach Kindergarten, „Brain Is For Lovers“ lädt mit seiner Schlaftablettigkeit zum finalen Abwinken ein) wird von „Amputations“ im negativen Sinne getoppt: Joan Jett in der Mikrowelle angelauwärmt, „I like Rock‘n...“ – komm, lass‘ gut sein.
FAZIT: Die bösen Cops bzw. Mädels präsentieren ein durchwachsenes zweites Album. Eingängiger, überschaubarer Punkrock, der (und das ist wohl das Problem) niemandem wehtut.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.09.2017
Linh Le
Stacey Dee, Jennie Cotterill, Linh Le, Myra Gallarza
Stacey Dee, Jennie Cotterill
Myra Gallarza
Fat Wreck Chords
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16.06.2017