Als Underground-Kultband eine weitere Scheibe nach sage und schreibe 20 Jahren herauszubringen ist brisant, und punktete man seinerzeit sogar im Mainstream - BLACK GRAPEs Debüt "When You’re Straight … Yeah" heimste nach seiner Veröffentlichung 1995 Platin ein -, muss man sich umso stärker unter Druck gesetzt fühlen. Bei diesen Briten gewinnt man allerdings nicht den Eindruck, sie hätten sich im Vorfeld um Erwartungen geschert, denn "Pop Voodoo" wohnt tatsächlich Magie (Voodooo) inne, während die Songs außerordentlich poppig anmuten.
Shaun Ryder, der zwischenzeitlich beim britischen Pendant zum "Dschungelcamp" von sich reden machte, hat musikalisch nichts verlernt und ist so umsichtig, BLACK GRAPEs Comeback-Album nicht zu einer reinen Retro-Veranstaltung zu machen. Das ist es nur hinsichtlich seines Sounds, wohingegen die Inhalte, die der Bandkopf gemeinsam mit Rapper Kermit zum Besten gibt, nicht zeitgemäßer sein könnten.
Motown-artige Bässe und Bläser-Samples lassen den Hip Hop der uralten Schule wiederaufleben, während typisch englische Psychedelia und tanzbare Rock-Momente an den Manchester-Boom der 1990er zurückdenken lassen. Hinzu kommen noch ein bisschen House-Mucke und Dancehall-Reggae, fertig ist ein bunter wie stimmiger Cocktail mit einigen fiesen Ohrwürmern, allen voran 'Nine Lives'.
So lässt "Pop Voodoo", das herrlich anachronistisch von Martin "Youth" Glover (KILLING JOKE) produziert wurde, an die hedonistischen Exzesse jener Zeit zurückdenken, als noch niemand vom postfaktischen Zeitalter sprach, Amerika und Großbritannien noch über die meisten Zweifel erhaben waren und und die Welt eine unschuldigere gewesen ist. Textlich wohnt BLACK GRAPE 2017 allerdings eine dringliche Aktualität inne, die sie einerseits wieder relevant macht, sich aber andererseits auch ohne weiteres ausblenden lässt, um schlichtweg Spaß mit der Musik zu haben.
FAZIT: Eine Rückkehr nach Maß haben BLACK GRAPE hiermit geschafft. "Pop Voodoo" ist auf eine Weise altmodisch, der nichts Abgeschmacktes innewohnt, und verbindet das Beste, was Großbritannien in den alternativen 1990ern zu bieten hatte, mit einer inhaltlichen Brisanz, die dem Ernst des Jetzt entspricht. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/161ca93c405c4ce2980084477906370e" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.07.2017
Universal
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18.08.2017