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Bottle Next: Bad Horses

Stil: progressiver Hardfolk

Cover: Bottle Next: Bad Horses

„Bad Horses“ - wer sich schachspielenderweise plötzlich in der vermaledeiten Springerschere wiederfindet, mag sich in ähnlichem Sinne äußern. Und wie die Pferde auf dem Spielbrett können diese beiden Franzosen alles, nur eins nicht, geradeaus marschieren.

Wie auch, wenn man als Einflüsse MESHUGGAH, QUEENS OF THE STONE AGE und MICHAEL JACKSON in einem Atemzug für etwas namens „Hardfolk“ nennt – das ist, grob umrissen, auf akustischen Riffs basierender Hardrock mit einer gehörigen Dosis an progressiven Einsprengseln und geschmeidigem, wenn auch nicht allzu markantem Gesang. Diese Unplugged-Prägung, manchmal noch um ein Saxophon erweitert, verleiht der Musik des Duos einen leichtfüßigen und dennoch energetischen Barband-Sound, der entfernt an YELAWOLFs Backing-Band erinnert.

Während ich mit Michael Jackson meine Schwierigkeiten habe, sind die beiden anderen Einflüsse deutlich erkennbar: Beim Schreiben von so lässig angedüsterten Riffs wie in „Overthere“ oder „The Woody Man“ scheinen das Duo doch die ein oder andere Mexicola gezippt haben und die schwedische Rattatat-Formation ist nicht nur insofern präsent, dass sich Drummer Martin Ecuer oft derart komplexe Rhythmen zum kategorischen Imperativ erhoben zu haben scheint, dass ein Tanzversuch wohl einer feuchtfröhlichen Partie Twister gegen einen Oktopus gleichkäme, nein, man lädt sogar mit Single-Note-Riffs zum heiteren Akademiker-Moshen ein („Bad Horses“).

Klingt noch nicht spannend genug? Wie erwähnt lieben es BOTTLE NEXT, Haken/HAKEN zu schlagen, und dies in mehrerlei Hinsicht: Zum einen befüllen sie ihre Songs bis zum Rand mit fast rastloser Abwechslung, ohne dies jedoch zum gehetzten Selbstzweck werden zu lassen – ein atmosphärisches Synthesizer-Zwischenspiel hier („Choices“), ein nach Fernost klingendes Saxophon da („The Running Herd“) und und und… Zum anderen zerfasern die Songs nicht, stellen Komplexität und Unikalität gleichermaßen unter Beweis – was wiederum zu viel Abwechslung auf Albumlänge führt.

Einziger möglicher Kritikpunkt wäre wie angedeutet: Multiinstrumentalist Pierre Rettien ist nicht der überzeugendste Sänger – nicht in puncto schiefe Töne, sondern was die allgemeine Wucht seiner Darbietung anbelangt. Das Hinzuziehen einer markanteren Stimme (möglicherweise sogar mit Rap-Ausrichtung, wie offenkundig in „The Woody Man“ ausprobiert) könnte den reichhaltigen Kompositionen des Duos noch die abrundende Sahnehaube aufsetzen.

FAZIT: Unbedingt anhören! Vielgestaltiger, unorthodoxer, komplexer und ungezwungener Niveau-Rock, der auf allen Ebenen überzeugt und dessen (nerdige) Detailarbeit dem „over-all amusement“ keinen Abbruch tut, im Gegenteil.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.06.2017

Tracklist

  1. Break Down The Door
  2. Choices
  3. Running herd
  4. Revolution
  5. Age of Beauty
  6. overthere
  7. Bad Horses
  8. Machines
  9. More Humane
  10. The Lift Off
  11. The Woody Man

Besetzung

  • Bass

    Pierre Rettien

  • Gesang

    Pierre Rettien

  • Gitarre

    Pierre Rettien

  • Keys

    Pierre Rettien

  • Schlagzeug

    Martin Ecuer

  • Sonstiges

    Pierre Rettien

Sonstiges

  • Label

    Dooweet Agency

  • Spieldauer

    49:56

  • Erscheinungsdatum

    19.05.2017

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