Hier verbreitet jemand California-Flair, kommt aber ausgerechnet aus Großbritannien und dann auch noch Robin-Hood-Territorium. CHILDHOOD sind sozusagen auf ihren Namen bezogen die vertonte Kindheit und Jugend der Beteiligten, die sich demnach etwas auf für sie gar nicht traumatische Softrock-Erlebnisse einbilden muss.
Im Verhältnis zu ihrem Debütalbum "Lacuna" (2014), das noch relativ konventionell Indie-mäßig daherkam und geringfügig härter war, wirkt die Band 2017 wie neugeboren - verjüngt durch Altes quasi. Auf dieser Scheibe vereinen sich fürstlich sauber arrangierte Rock-Riffs der leichten (seichten) Sorte mit einem Schuss Motown-Soul und dezenten Funk-Bezügen, auf die Strippenzieher Ben Romans-Hopcraft weiß Gott in welcher englischen Dorfdisco gestoßen sein mag.
Damit hier aber niemand etwas missversteht: "Universal High" klingt unverhohlen sexy und getreu dem Verständnis der Musikbranche der späten Seventies von Kommerz "massentauglich", aber zu keiner Zeit aseptisch glattgebügelt. Vielmehr handelt es sich um musikalisch hochwertige Berieslung im besten Sinn, eine akustische Idylle ohne Versprechen einer heilen Welt, denn die Songs von CHILDHOOD stehen für sich selbst, statt dass sich die Gruppe auf hässliche Ironie verlassen würde, die man erst entschlüsseln müsste, um sie (Band wie Musik) zu begreifen.
Kein Zweifel, hier beruft sich jemand auf Sounds, die ihn überhaupt erst selbst zum aktiven Musiker gemacht haben, und das betont der Bandkopf auch in Interviews bezüglich seiner korrigierenden Schwerpunktverlagerung. Die Tracks werden nicht selten langsam ausgeblendet, womit die Band laut nach Radio-Airplay zu rufen scheint, und strotzen vor typischen Synthesizer-Sounds, die sofort an die Hochphase des AOR denken lassen, passenderweise geradezu abgefeimt altmodisch von Ben Allen (GNARLS BARKLEY, ANIMAL COLLECTIVE) im Studio in Szene gesetzt. Im Verbund macht sie das zur Sommerplatte schlechthin -auch über die Saison hinaus, denn …
FAZIT: … auch und gerade textlich, da "Universal High" einstweilen sachte melancholisch wird, haben CHILDHOOD mit diesem Album ein Stück Zeitlosigkeit geschaffen, das ungeachtet seiner klaren Verweise auf früher positiv kitschigen Eskapismus aus dem tristen Jetzt markiert - mit Schnauzbart, Brusthaarperücke und Goldkettchen auf dem Küstenhighway.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.07.2017
Marathon Artists / Rough Trade
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21.07.2017