Gillian Welch, Lebensgefährtin und Kollaborateurin von David Rawlings, trug viel zum Gelingen von "Poor David's Almanack" als einem in sich geschlossenen Werk bei. Wie von den beiden gewohnt gestaltet sich der aktuelle Song-Reigen teils akustisch und teils verstärkt, während sie den Teufel tun, ihr wie ein Claim beim Goldschürfen im glorreichen Westen abgestecktes Terrain zu verlassen.
Selbiges hört auf den Namen Americana, der bekanntermaßen ein schwammiger ist und stilistisch gesehen eine ganze Menge unterschiedliche Musik zulässt. Der Nachfolger von "Nashville Obsolete" nimmt Rawlings' bisherigem Schaffen in puncto Qualität wenig, schlingert aber auf anheimlende Weise zwischen Wehmut und Heiterkeit wie im eröffnenden 'Midnight Train' oder während des fast gänzlich instrumentalen 'Airplane'. "Poor David's Almanack", als Kontrast zum eher bewusst karg gehaltenen Gesamtwerk seiner Partnerin zu verstehen, ist die dritte von nicht ganz zehn gemeinsamen Veröffentlichungen, auf der zuerst sein Name steht. Demgemäß platziert er sich mit Stimme und Instrument im Vordergrund.
'Lindsey Button' kommt indes wie ein hypnotisches Wiegenlied daher, und 'Cumberland Gap' grenzt an psychedelischem Pop, gleichwohl immer mit jenem erdigen Analogsound, durch den sich die zwei verbissenen Verfechter von Vinyl als Vorzugsformat zum Verbreiten aufgenommener Musik hervortun. Willie Watson und Ketch Secor (OLD CROW MEDICINE SHOW), Kontrabassist Paul Kowert (PUNCH BROTHERS), Brittany Haas (Fiddle, CROOKED STILL) sowie die Gebrüder Goldsmith von DAWES machen "Poor David's Almanack" sogar zu einem kleinen Klassentreffen der zeitgenössischen Alternative-Country- und Southern-Szene.
Besonderer Glanzpunkt: das zum Mitsingen animierende 'Come On Over My House', das alle Vorzüge der Produktion in sich vereint. Klangauthentizität, was die Instrumente angeht, sowie mehr Dynamik als das Gros unaufrichtig an Computern realisierten "Roots"-Veröffentlichungen der Gegenwart. Geschmackssicherer Orgel-Einsatz, virtuose Banjo-Parts und immerzu bissige Texte voller (Selbst-)Ironie machen aus diesem Album einen mehr als achtbaren Vertreter seiner Art.
FAZIT: "Poor David's Almanack" ist zugleich ein solides Werk in der Diskografie seines Schöpfers (und dessen Muse) sowie eine standesgemäße Sause in Sachen Roots Rock US-amerikanischer Provenienz. David Rawlings beherrscht souverän laute wie leise Töne, und die Ergebnis sprechen in ihrer oft bittersüßen, immer leicht melancholischen Art für sich.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.08.2017
Acony
38:23
11.08.2017