„Live in Utrecht“ ist DE STAATs erstes Live-Album, und das hat es in sich. Auch wenn man auf die visuelle Komponente der Show verzichten muss, überträgt sich der Spaß, die unbändige Energie der holländischen Band umgehend auf den Hörer. Und gibt den Songs gegenüber den Studioversionen genau jenen Mehr- beziehungsweise Alternativwert, der Liveaufnahmen erst sinnvoll macht. Das hervorragend klingende Tondokument, bei dem laut Info auf Overdubs verzichtet wurde, zeigt DE STAAT verdammt gut aufgelegt beim Heimspiel in Utrecht.
In den besten Momenten klingt es, als würden die BEASTIE BOYS gemeinsam mit FRANK ZAPPA & THE MOTHERS OF INVENTION die Bühne entern und leidenschaftlich drauflosrocken. Ungestüme Power steht auf dem Programm, welches ungeheuren Witz besitzt. Natürlich wird bei „Blues Is Dead“ ein furztrockener Kneipenblues angestimmt, aufgepeppt mit wüst quietschenden Keyboards, schrägen Einfällen und sofort in die Beine gehenden Rhythmen.
DE STAAT brillieren mit stampfenden Rockern, haben keine Angst vor komplexen Abstechern, die bis in spacerockige und proggige Areale reichen und sich nach Emerson, Lake & Palmer im Amphetaminrausch anhören (das mörderisch bizarre „Murder Death“). Selbst nachdenkliche acht Minuten am Stück werden mit „Time Will Get Us Too“ gekonnt umgesetzt. Die sarkastische Kinderliedverarsche „Old MacDonald Don’t Have No Farm No More“ bietet durchgeknallte Marschmusik mit hohem Experimentalfaktor.
DE STAAT beherrschen die Kunst eingängig, dabei nie langweilig zu sein, bei einer hohen Schlagzahl überbordender und sich teilweise überlagernder instrumentaler Eskapaden. Das straffe Rhythmusgerüst hält diesen Wust passgenau zusammen.
Das FAZIT ist einfach: DE STAAT haben sich mit „Live In Utrecht“ locker in meine Top Ten der besten Live-Alben der letzten Jahrzehnte gespielt. Hohe Dynamik trifft auf aberwitzige Einfälle und hörbare Lust am Musizieren, an der Live-Performance überhaupt. Selbst ein paar wenige Momente der kontemplativen Entspannung kommen vor (mit Sternchen, das großartige „Time Will Get Us Too“). Aber erst nachdem man AC/DC geschlachtet hat, auf einem Feld, das die BEASTIE ZAPPA BOYS OF MADNESS in der „Psycho Disco“ angelegt haben. Play it Loud! Aber sowas von.
Wir vergeben ja keine Punkte bei Livealben, aber hier wären satte 13, an der Grenze zur 14, fällig. Die erste CD legt die Latte dabei so hoch, dass die zweite nicht ganz drüber kommt. Aber nur ganz knapp gerissen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.03.2017
Jop van Summeren
Torre Florim, Jop van Summeren, Rocco Hueting
Vedran Mircetic, Torre Florim
Rocco Hueting
Tim van Delft, Rocco Hueting
Rocco Hueting (special FX)
Caroline/Universal Music
CD1: 47:31/CD2: 38:00
25.11.2016