Sie ist gleich ein Doppelalbum geworden, die neue Scheibe von Eamonn McCormack, und besticht durch eine ungewöhnliche Bandbreite an Klangfarben, die man als Kenner des Iren vielleicht gar nicht erwartet hat. "Like There's Tomorrow" - der Titel stellt den Willen zum Ausbrechen aus einer wie auch immer gearteten Gegenwartssituation in Aussicht - besteht seinem Umfang entsprechend aus zwei Seiten, quasi je einer unverstärkten und elektrifizierten.
Die rigide Strukturierung riecht nach Kalkül, doch dies lässt man sich in Anbetracht der Güte des Dargebotenen gefallen. Der Wahl-Deutsche erfüllt nicht nur die Pflicht des gediegenen Handwerks, sondern schafft auch die Kür, seine Hörer emotional mitzureißen, insbesondere auf der zweiten CD, die alle eher stillen Momente bündelt.
Mit dem Ethos eines dezidierten Fleißarbeiters rackert sich McCormack durch mehrere Boogie-Parts, die niemals abgeschmackt anmuten, was nicht zuletzt an seinen Mitstreitern liegen mag; Hilfe erhielt er nämlich von seinen Landsmännern Jonathan Noyce und Darrin Mooney, die schon dem seligen Gary Moore unter die Arme griffen. Im Tributstück 'No Air And Graces', einem der hochragenden Ecksteine des Doppeldeckers, widmet sich der Dubliner unterdessen seinem legendären Idol Rory Gallagher, und zwar auch und gerade in puncto Spielweise.
Weder hier noch anderswo verzeichnet die Scheibe irgendwelche amerikanischen Einflüsse, was auch insofern wenig Sinn ergeben würde, weil der Bluesrock dort im Gegenzug von britischen Vertretern beeinflusst wurde. Die renommierte Rhythmussektion steht wie die sprichwörtliche Eins, was satte Genre-Manierismen ('Moving On') ebenso ermöglicht wie eher ausufernde Passagen, die dieses oder jenes Teammitglied in den Vordergrund rücken.
Die balladenhafte Augenblicke schließlich stellen McCormack als Virtuosen auf diversen Akustikklampfen ins Licht der Aufmerksamkeit aller, die gegenwartsrelevant zeitlosen Blues bis "unplugged"-Rock mit liebevoll lavierten Arrangements schätzen.
FAZIT: "Like There's Tomorrow" bietet viel (und vor allem in jeder Hinsicht hochwertige) Musik fürs Geld und beweist sich trotz vorhersehbarer Janusköpfigkeit zwischen Hart und Zart beim Hören als aufregende Platte, deren vertraute Ästhetik - die beginnt schon bei den Songtiteln - nicht ausschließt, dass ein frischer Wind durchs Plattenzimmer weht … bloß eben mit nicht nur einem Hauch von Veteranen-Erfahrung. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/4f10daccaf064120b0290a6edd8ab986" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.08.2017
Sireena / Broken Silence
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04.08.2017