Bereits das letzte Stück auf ELOYs „Destination“ von 1992 trug den Titel ‚Jeanne d'Arc‘, doch nun macht Frank Bornemann, das Aushängeschild der ersten deutschen Progressive Rock-Generation, Nägel mit Köpfen und bringt ein Doppel-Konzeptalbum über die französische Nationalheldin Johanna von Orleans heraus.
Was die Band hierauf zu hören gibt, dem folgt 2018 ein zweiter Teil, gemeinsam mit einem Buch und einer opulenten Theaterinszenierung. “The Vision, The Sword And The Pyre” ist inklusive erzählerischer Zwischenspiele wider Erwarten recht kompakt ausgefallen, sieht man von fulminanten Longtrack ‚Chinon‘ ab, zeigt das Szeneflaggschiff aber auch nicht unbedingt von seiner eingängigen Seite. Der narrative Charakter bedingt, dass die Songs eher mäandern, als direkt ins Ohr zu gehen, woran auch die charmante deutsch-kanadischen Sängerin Alice Merton, die aktuell mit ‚No Roots‘ die Charts stürmt, im Vorzeigesong 'The Call' als einer von vielen Gästen nichts ändert. Ihr Beitrag mutet ebenso unauffällig an wie das Album als ganzes.
Man muss sich hineinhören, wobei das relativ düstere ‚Orléans‘ noch am schnellsten fassbar wird. Abseits des instrumentalen ‚The Ride By Night … To …‘ arbeiten Eloy mit (Kinder-)Chören, die dann für die zugänglichsten Passagen sorgen. Somit steht zu hoffen, dass der Abschluss des Konzepts nicht ganz so behäbig ausfällt wie Teil eins streckenweise – das einzige Manko der Scheibe neben dem nicht ganz optimalen Sound, der den Anschein erweckt, als sei bei aller Geschichtstreue die technische Grundlage vernachlässigt worden.
Der Produktion haftet etwas nicht gerade angenehm Synthetisches, Artifizielles an, wohingegen ELOY in schreiberischer Hinsicht meistens so zwanglos wie in besten Zeiten wirken. Verkopft oder überladen muten eher die Partituren an, denen eigentlich spürbar simple Ideen zugrundeliegen. Auf dem Nachfolger, der dank hinzugewonnener Souveränität sicherlich weniger steif in Angriff genommen wird, merkt man davon nichts mehr, wetten.
FAZIT: ELOY erhalten für dieses ambitionierte Unterfangen einen Bonus, den sie mit dem zweiten Teil von "The Vision, The Sword And The Pyre" bitte tunlichst nicht verspielen sollten. Dieser erste besticht durch seine musikalische Detailverliebtheit und faktische Akuratesse im inhaltlichen Bereich, hat aber etwas zweifelhaft Aseptisches an sich, eine für Konzeptalben leider zu typische Kälte, die man von alten Hasen wie Bornemann gar nicht erwartet. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/c6499923a5044917bc8de431f7367fb5" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.09.2017
Artist Station / Soulfood
72:26
01.09.2017