Das zweite Album der kroatischen Post-Metaller/-Rocker EMPHASIS wurde mittels Cubase auf einem Windows XP-Rechner abgemischt – wohl noch vor der weltweiten Virenattacke vor einigen Wochen. Wobei der Name der Schadsoftware durchaus zur Musik der Band gepasst hätte – WannaCry?
Post Metal, grau in grau, „Black.Mother.Earth“… nach was sieht‘s denn aus – richtööög, lebensbejahende Tanzmusik. Und zwar streng nach Maß: Ohne eine Mine zu verziehen oder nach links und rechts zu schauen, zieht die Band ihr Ding, oder vielmehr das ihrer unschwer erkennbaren Vorbilder, durch und weil das IKEA-Regal am Ende steht, wenn man sich genau an die Anleitung hält, hinterlässt die schwarze Mutter Erde am Ende auch einen guten Endruck.
„Muna“ lässt sich viel Zeit und Ruhe, fungiert als Vorspiel, am Ende mit mehrstimmigen Taizé-Frauengesang – sehr schön.
Wie auch das folgende „Iam“, in dem etwas mehr Kraft und Verzerrung Einzug hält. Doch wie im Opener lassen EMPHASIS ihren Motiven Zeit, ihre langsame Lava-Wirkung zu entfalten – etwas, wozu viele Instrumentalkombos nicht die Geduld aufbringen.
Aber wer redet denn von instrumental? Ein Schreihals ist schließlich vorhanden. Nur leider ist der Gesang, der entfernt an Scott Kelly erinnert und eigentlich nichts ist, was man verstecken müsste, in einen sehr verhallten Hintergrund gedrängt worden – so drängt sich zwar nichts vor die melancholischen Moll-Kaskaden, ein bisschen mutlos ist das trotzdem.
Fungierten die beiden ersten Stücke als zerdehntes Crescendo, löst die Band mit „Black Silt“ das Versprechen eines Höhepunkts ein – und verstolpert ihren Einsatz. Zu richtungslos wirkt das Umherirren zwischen rohen ISIS-/NEUROSIS-Passagen, perlenden piano-Stellen und MONOmentalen Traumklangwällen. „Rivers Under“ hingegen verbindet das atmosphärisch-spannungsvolle repetitive Element mit dem eruptiven und macht bei klarer Linie richtig, was dem Vorgänger fehlte.
Mit den beiden abschließenden Kompositionen, dem (ring-)schlüssigen Leise-Laut-Leise Stück „Captains Of The North“ und „The Quiet Roads“ als fettem Schlussstrich machen EMPHASIS den Sack per Doppelknoten zu: Letzteres schert sich einen Dreck um seinen Titel und geriert sich in Überlänge als das wuchtigste und vielleicht ambitionierteste Stück des Albums, das mit dicken Depressions-Riffs die postrockig-verträumte Seite der Band in den Hintergrund drängt.
Nur: Der überstrapazierte Einsatz eines Spokenword-Samples zeugt gerade in diesem Genre 2017 einfach nur noch von Einfallslosigkeit. Punkt. Ähnliches gilt für das ansonsten wirklich hervorragende Musikvideo zu „Muna“/„Iam“, dessen kreativer Gesamteindruck einzig dadurch geschmälert wird, dass darin wie in gefühlt 100 anderen Musikvideos irgendein Mädel in einer Badewanne in der Wildnis liegen muss. Warum? Ist das irgendein ein Fetisch, der an mir vorübergegangen ist??
FAZIT: NEUROSIS, ISIS, RUSSIAN CIRCLES, CASPIAN, MONO, MOGWAI, … und EMPHASIS, die es, trotzdem man ihnen wie so vielen anderen fehlende Innovation oder zu starke Anlehnung an ihre Vorbilder vorwerfen kann, ihre Sache ohne viel Aufhebens gut machen. Einordnen unter „Soundtrack für den Herbst“.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.06.2017
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