Punk aus Berlin funktioniert immer noch, und so geben auch ES WAR MORD 2017 ihre rotzige Visitenkarte ab. Eins vorweg: „Unter Kannibalen“ macht es dem Hörer beileibe nicht leicht. Viele Stücke seien in E-Moll geschrieben, da das nun mal der tiefste Akkord auf einer Gitarre sei (Zitat Presseinfo). Das kann – je nach Lesart – als Humor oder ausgemachter Unsinn ausgelegt werden, jedenfalls bleibt auch beim Hören eine gewisse Unentschlossenheit ob der Ernsthaftigkeit des ganzen Unterfangens bestehen.
Dabei sind die Herren um Sänger „Stunk“ Stetefeld keineswegs Neulinge, sondern seit Langem in der Szene verwurzelt. Auch ist die grundsätzliche Ausrichtung des Fünfers quasi maximal weit vom Spaßpunk kommerziell erfolgreicher Nachbarn entfernt. Wer aber in hohem Tempo und lauter Stimme düstere Texte durch die Boxen drückt und dann sagt, sie seien phonetische Willkür – warum dann überhaupt was sagen? Schreiben um des Schrei(b)ens Willen wirkt angesichts der finsteren bis kritischen Ergüsse bestenfalls inkonsequent.
Musikalisch gibt es erwartungsgemäß keine Überraschungen: authentische Schrammelgitarren Seite an Seite mit Snare auf 2 und 4, das Ganze (mit Beatsteaks-Beteiligung) keinesfalls hochglänzend, aber amtlich produziert und zum Glück mit verkürztem Titel veröffentlicht. „Erinnerungen des Agenten, der aus Notwehr mit den Kannibalen knutschte“ hätte es nun wirklich nicht einfacher gemacht…
FAZIT: Polarisierender Deutschpunk mit obligatorischer Wut im Bauch, der je nach Genre-Affinität entweder komplett durchfällt oder subjektiv deutlich mehr Sympathiepunkte als die hier gewählte goldene Mitte bekommt – bitte selbst hören!
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.07.2017
Dietmar Jahr
Frank Stetefeld
Tom Schwoll, Josef Ehrensberger
Marcus Moeck
Sounds of Subterrania
42:39
23.06.2017