FJØRT nehmen im deutschen Musikmarkt eine echte Sonderstellung ein!
Nicht nur dass sie ihren Band-Namen ganz offensichtlich am Norwegischen orientieren, auch die kompromisslose Klarheit ihrer Texte legt die Finger in mehr als nur eine Wunde – so lange, bis es richtig weh tut.
Als FJØRT 2012 mit der EP „Demontage“ als knallharte Gitarrenband in Deutschland auf den Plan traten, überraschten sie bereits damit, dass sie konsequent auch auf deutsche Texte setzten.
Wie sie sich nun allerdings als deutsche „Hardcore-Poeten“ mit einer gewissen Punk-Attitüde entwickeln, erhebt sie langsam aber sicher in den deutschsprachigen Hardcore-Olymp.
Leider fallen einige Stücke des Albums musikalisch in ihrer Härte etwas zu eintönig und mit zu vielen Wiederholungen aus, sodass es schwer fällt, den mitunter geschrienen Texten verständlich zu folgen. Sehr bedauerlich, denn die spezielle Stärke, welche FJØRT von anderen Bands absetzt, liegt gerade im textlichen Bereich und Songs wie <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Q1uMSr-pPzc" rel="nofollow">„Magnifique“</a> und <a href="https://www.youtube.com/watch?v=mpXVDlIVzWI" rel="nofollow">„Couleur“</a> etablieren sich so zu echten, machtvollen Ausnahmewerken innerhalb der deutschsprachigen Musik-Szene.
Immer wenn nicht zu sehr in die Länge gezogene, krachende Härte auf fragile Momente treffen, welche eine beinahe hypnotische Stimmung bewirken, wie bei dem grandiosen Anfang von „Bastion“, dann spielen FJØRT ihre absoluten Stärken aus. Nichts wirkt auch nur ansatzweise plump oder Klischee-trächtig. Wunderbar sind auch die eingefügten Post-Rock-Momente oder die häufigen akustischen Passagen – während die Häufung der Schrei-Momente zugunsten von etwas mehr Klargesang ruhig ein wenig zurückgenommen hätten werden können. Allerdings muss man manchmal seine Wut eben auch richtig rausschreien, besonders wenn es um die politische und gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land oder mit dem Umgang der eigenen Vergangenheit geht, wie es der singende Bassist David Frings unmissverständlich klarstellt: „Es gibt Leute hier, die sehen die Fehler der Vergangenheit nicht mehr als Mahnmal. Wir können uns es einfach nicht mehr leisten, das Maul zu halten. Politik ist für uns Menschlichkeit plus Empathie. Der Wunsch, dass wir alle besser miteinander leben können. Nur mit dem Finger auf die Leute zu zeigen, die das anders sehen, reicht nicht mehr. Wir müssen diskutieren und das öffentlich zeigen.“
Genau das machen FJØRT auch auf ihrem aktuellen Album – textlich hervorragend, musikalisch und sängerisch allerdings noch mit ein paar Reserven versehen.
FAZIT:
FJØRT – das ist die deutsche Hardcore-Gitarren-Band mit norwegischem Namen und deutschen Texten, die in unserer muttersprachlichen Szene qualitativ ihresgleichen suchen. Auf ihrem dritten Album „Couleur“ gehen sie noch etwas härter und rauer zur Sache als auf ihrem Vorgänger „Kontakt“ und reichern ihre Musik zugleich mit ein paar Post-Rock-Momenten und knallharter Kritik an unserem so etabliert erscheinendem System an.
PS I:
Übrigens erscheint das Album in sehr unterschiedlichen Formaten bei Grand Hotel van Cleef, einem Label, das im Grunde immer für gute musikalische und gestalterische Qualität steht:
*digitaler Download;
*normale LP mit 2 Bonussongs zum Download;
*CD mit 2 Bonussongs zum Download;
*limitierte LP mit einseitig bespielter Bonus-7“ mit Siebdruck im Gatefold-Cover.
PS II:
Und wo das Album von Freunden guten deutsch Hardcores gekauft wird, ist ja eigentlich klar, <a href="https://www.ghvc-shop.de/detail/fjort-couleur" rel="nofollow">genau hier mit einem Klick</a> und nicht bei...
Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.11.2017
David Frings
David Fings, Chris Hell
Chris Hell
Frank Schophaus
Grand Hotel van Cleef/Indigo
42:27
17.11.2017