Bis zur Hölle ist es zu weit!
Zumindest aus Sicht von FLEMMING BORBY, die natürlich auch keine höllische, sondern himmlische Pop-Musik machen. Der Himmel ist FLEMMING BORBY jedenfalls deutlich näher, als teuflische Exzesse und feurige Rhythmen.
Und auch dass schwarzes Vinyl und silberne Scheiben deutlich mehr als 33 Minuten Musik fassen, scheint dem in Berlin lebenden dänischen Musiker erneut total egal oder völlig (Musik-)Rille zu sein.
Dafür aber steht er nach „Somebody Wrong“ nunmehr auf ein hübsches blondes Mädchen und lädt sie zum Musizieren am Bass und Background-Singen auf seinem neusten Album ein: die Amerikanerin GRETA BRINKMAN. Ihres Zeichens ist die musikalische Autodidaktin in sehr vielen unterschiedlichen Bands und Genre unterwegs, wie Jazz, Punk, Doom Metal, Rock, tourte über vier Jahre gemeinsam mit MOBY und nun eben mit FLEMMING BORBY, der diesmal seine 80er-Harmonie-Pop-Ader der Marke HOUSEMARTINS, aber auch den 90er-Twee-Pop von BELLE & SEBASTIN ordentlich mit musikalischem Blut vollpumpt.
Ein Zufall führte die beiden Musiker zusammen.
FLEMMING BORBY, der seit vielen Jahren, nachdem er sein dänisches Inselleben auf der Insel Fyn aufgegeben hatte, die Weltmetropole Berlin bevölkert, lernte Greta über Facebook kennen, als sie nach Berliner Künstlern anfragte. Schließlich trafen sich die beiden und nach einem Workshop lud der gebürtige Däne die gebürtige Amerikanerin zu seiner Solo-Tour durch Dänemark ein mit dem 33minutigen Studio-Album-Ergebnis „Hell Is Too Far“.
Doch nicht nur Bass und Gesang sind die Stärken des Albums, auch die beiden Bläser (Posaune und Trompete) Antonia Hausmann und Fritz Moshammer, die ein wenig zusätzliches BEIRUT- und CALEXICO-Balladen-Flair einstreuen. Für den gehörigen Schuss Melancholie sorgt außerdem Schlagzeuger Earl Harvin, der sonst immerhin die Felle bei den TINDERSTICKS bearbeitet und ganz ähnlich auch FLEMMING BORBY bedient.
Die Songs auf „Hell Is Too Far“ schrieb FLEMMING BORBY in Spanien im Januar 2016. Größtenteils entstanden sie unter dem Eindruck des gerade verstorbenen DAVID BOWIE, den er explizit auch im letzten Stück des Albums, in dem FB seine Lebensgeschichte zu Musikbegleitung (nicht singt, sondern) erzählt. Wahrscheinlich entstand auch darum der Titel „Berlin 1922“, selbst wenn es darin nicht um Bowies Berlinaufenthalt und dessen Alben „Low“, „Heroes“ und „Lodger“, sondern den Wunsch, die wilden, goldenen 20er-Jahre der Weimarer Republik zu erleben, geht.
In „Revolution“ philosophiert er sogar darüber, ob ein Aufstand in den USA möglich wäre.
Bei so viel textlicher Tiefe fragt man sich schon, warum „Hell Is Too Far (feat. Greta Brinkman)“ nicht nur mit einer spärlichen Spielzeit, sondern auch einem spärlichen Digipak ohne Booklet und Texte daherkommt. Und selbst die optische Gestaltung ist, gelinde ausgedrückt, gewöhnungsbedürftig.
FAZIT: Nicht immer liegt der Weisheit letzter Schluss in dem Sprichwort: „In der Kürze liegt die Würze!“ Genau das schien sich aber FLEMMING BORBY bei seinem aktuellen Album „Hell Is Too Far (feat. Greta Brinkman)“ zu denken und bietet eine gute halbe Stunde eingängigen Indie Pop darauf, der Erinnerungen an die 80er- und 90er-Jahre weckt und als angenehmes Extra uns ausgiebig mit Trompeten- und Posaunen-Tönen verwöhnt.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.09.2017
Greta Brinkman
Flemming Borby
Flemming Borby
Earl Harvin
Antonia Hausmann (Posaune), Fritz Moshammer (Trompete), Greta Brinkman (Backing Vocals)
Divine Records/Broken Silence
33:29
01.09.2017