Dieser Geschichtenerzähler aus Medford im US-Bundesstaat Oregon ist seit mehr als 50 Jahren auf Bühnen zu sehen und feiert den Umstand zünftig mit - naheliegender Titel - seinem erst dritten Studioalbum "Celebrate", dem eine Aufnahmepause von über einer Dekade vorausgegangen ist. Der momentane Wahl-Norweger spiegelt seine Freude am Performen in nach der Bühne schreienden Kompositionen wider und krönt sie mit Texten, die buchstäblich unter die Haut gehen.
Nicht ausgeschlossen ist dabei, dass Gil Edwards klassische Räuberpistolen mit Augenzwinkern verzapft, sodass sich Ernst und Leichtfüßigkeit die Waage halten - letztere auch in spielerischer Hinsicht. Der Künstler hebt sich keinen Leistenbruch an musikalisch Artfremdem, sondern unterstreicht die anhaltende Relevanz von traditionellem Liedermachertum, wie es amerikanischer nicht klingen könnte.
Edwards' Stücke zeugen von unbändigem Schaffensdrang unter unzweideutig vorgegebenen Klangkoordinaten, wobei der Schein trügt: Der Mann sieht zwar so aus, als sei er das ideale vierte ZZ-TOP-Mitglied, hat aber wenig mit den Texanern gemein. Vielmehr zockt der Bärtige selbstgenügsame Rocksongs mit Blues- ('Turn My Head Around') und Gospel-Bezügen ('You Keep Me Hangin' On'), vor deren inhaltlicher Dringlichkeit das STONES-Cover 'Paint It Black' tatsächlich verblasst.
Der Sänger und Gitarrist kann bei aller tiefgründigen Mitteilsamkeit allerdings auch straight Lebensfreude versprühen wie mit 'Don't Wanna Hear About It'. Nichtsdestoweniger sind nachdenklich stimmende Kompositionen wie die akustische Ballade 'Wild Horses' oder das krönende Finale 'My Back Pages' die Vorzeigestücke auf "Celebrate".
FAZIT: Mit seinem aktuellen Album zieht Gil Edwards ein karrieristisches Resümee, mit dem er sowohl seine Einflüsse (psychedelischer Rock aus den 1960ern und elektrifizierte Singer-Songwriter aus dem folgenden Jahrzehnt) zusammenfasst als auch das Selbstverständnis praktisch aller amerikanischer Vorzeige-Liedermacher auf den Punkt bringt: Man hört ihnen an, woher sie kommen, ohne dass man ständig aufdringliche Sterne und Streifen vor den Augen hat.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.09.2017
A1 Records
51:12
01.09.2017