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Glittertind: Himmelfall

Stil: Glittertind Style

Cover: Glittertind: Himmelfall

Eine stilistische Vielfalt, die bereits auf dem Papier die bange Frage provoziert, wie das alles bloß zusammenpassen soll. Ein Konzeptalbum, das sich der Reformation zuwendet, um sie vor dem Vergessen zu bewahren. Eine Band, die von ihrer Booking-Agentur gedroppt wurde, weil sie (schon wieder) ihr Repertoire um Lieder erweitert hat, die sich noch weniger einordnen lassen als zuvor. Es steht außer Frage, dass es GLITTERTIND sich selbst und anderen einfacher machen könnten. Doch diese Feststellung soll nicht davon ablenken, dass "Himmelfall" trotz der Eigenwilligkeit ein überraschend eingängiges Album geworden ist – und vor allem: Ein ganz wunderbar liebevoll arrangiertes.

Vorbei ist es mit zum Punk neigenden Pagan Metal der eher fröhlichen Variante schon seit geraumer Weile, und bereits auf "Djevelsvart" (2013) gab es unüberhörbare Anzeichen für eine stilistische Öffnung hin zu allerhand im Metal eher Unerhörten. "Himmelfall" verbindet nun Singer/Songwriter Musik auf bedächtige Weise mit Folkloristischem, wagt einen Schwenk zur Kirchenmusik, bedient sich bei Rock, Pop, Americana – und klingt am Ende doch irgendwie ganz vertraut nach GLITTERTIND. Das liegt zum einen am unverkennbaren Gesang von Torbjørn Sandvik, der sich nicht nur nachdenklich zeigt, sondern seine Stimme oft genug optimistisch und kämpferisch erklingen lässt. Zum anderen ist Multi-Instrumentalist Geirmund Simonsen längst zu einem kongenialen Partner an der Seite Sandviks gereift, der dessen ambitionierte Ideen in musikalische Arrangements überträgt, die vor allem eines bei allem Abwechslungsreichtum nicht sind: Überladen. Somit können die Hörer entweder "nur" der Musik problemlos durch die unterschiedlichen Klangwelten quasi von der Wohnstube in die Kirche folgen, oder sie nehmen Sandviks Erläuterungen zu den einzelnen Liedern (die auf der Homepage der Band zu finden sind) zur Hand, und tauchen noch tiefer in ein Album ein, das ganz eigene Perspektiven auf unsere Welt eröffnet – und dementsprechende Fragen provoziert. Keine Frage hingegen, dass "Himmelfall" bewegt, und zwar auch mit seinen leisen Klängen und Zwischentönen, nicht zuletzt dank einer Band, deren Zusammenspiel traumwandlerisch ist.

FAZIT: Welche ehemalige (Pagan) Metal Band rehabilitiert mit ihrem Album Opener den letzten katholischen Erzbischof – und das auch noch auf einem Konzeptalbum, welches wiederum den historischen Einfluss der Reformation skizziert? Künstlerische Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit, und ihre Interpretation auf "Himmelfall" verströmt etwas ebenso Andächtiges wie Lebendiges. Die Stimmung reicht von besinnlicher Einkehr wie im Gottesdienst zu ungezwungener Freudenfeier, und genau diese Vielfalt zeichnet "Himmelfall" aus, bei dem sich vor allem die Frage stellt, wer das bloß hören soll, bzw. welche Radiostationen heute noch den Mut aufbringen, solche Musik zu spielen?

Punkte: 14/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.12.2017

Tracklist

  1. Olav Engelbrektsson
  2. Etter Stormen
  3. Likvake
  4. Finst Ikkje Meir
  5. Himmelfall
  6. I Djupet Lokkar Ein Eld
  7. Forføraren
  8. Tvilar På Alt
  9. Eine Feste Burg Ist Unser Gott
  10. Utferd

Besetzung

  • Bass

    Bjørn Nordstoga Eide

  • Gesang

    Torbjørn Sandvik

  • Gitarre

    Eivind Almhjell, Torbjørn Sandvik, Olav Aasbø

  • Keys

    Geirmund Simonsen

  • Schlagzeug

    Geir Holm

  • Sonstiges

    Zahlreiche weitere MusikerInnen an zahlreichen weiteren Instrumenten

Sonstiges

  • Label

    Hjelmkald

  • Spieldauer

    40:05

  • Erscheinungsdatum

    27.10.2017

© Musikreviews.de