HAGEN VON BERGEN ist ein echter Sound- und Klang-Tüftler, der seine Musik wie spannende Collagen aus Electronics, orchestralem Bombast und jeder Menge unterschiedlichster Samples zusammenfügt, um daraus ein Großes und Ganzes zu schaffen. Dabei dient ihm seine „Klanganstalt Bergen“ - ein eigenes Studio – als Dreh- und Angelpunkt für seine mitunter wahnwitzigen, elektronischen Experimente.
Mit „Jetzt“ trat er bereits 2009 den lebendigen Beweis dafür an, was für unglaubliche Effekte und Klangmodulationen, Stereo-Wahnsinn und Sound-Universen man mithilfe modernster Technik auf einen kleinen runden Silberling bannen kann.
Vergesst ART OF NOISE und YELLO wenn das Gute liegt so nah und HAGEN VON BERGEN heißt!
„Jetzt“ ist die allerhöchste Zeit dafür.
Und wer bereits in den ersten „Jetzt“-Minuten die wilden Klangspielereien von „Intro / November“ hört, der weiß auch warum.
Gleich danach beginnt „Swami Brim Borium“ wie eine langsamere Version von MIKE OLDFIELDS „Wonderful World“ mit dann asiatisch anmutenden (Chor-)Klängen und verhaltenen Techno- sowie Industrial-Rhythmen plus eigenartigen Drum-Eskapaden.
Nach einem kurzen Besuch im <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Qw8VLMGnpgY" rel="nofollow">„Cafe BI – ZA 2“</a>, in dem auch gerade OLIVER SHANTI zu sitzen scheint und darüber nachdenkt, ob er nicht auch mal wie die EINSTÜRZENDEN NEUBAUTEN klingen sollte, nähert sich uns die geheimnisvolle „Sigrid“, über die wir in der nächsten Musikhalbstunde einfach alles erfahren sollen. Alles, was man eben von einer musikalisch und persönlich frei erfundenen Sigrid herausfinden kann. Zur Sicherheit fragte gerade wegen dieser Sigrid auch dieser Kritiker beim Musiker nach, ob es denn ein fleischliches Vorbild dafür gäbe. Fast enttäuschend war die Antwort, dass sie frei erfunden sei, denn bei solch leidenschaftlichen und wild strukturierten Sigrid-Elektronikklängen wäre die erfundene Dame aber eine sowas von scharfe Braut gewesen. So scharf, dass man sie eben doch nur erfinden konnte und seine Erfindungen wie eine verworren erscheinende Kombination aus ART OF NOISE, YELLO, THE FUTURE SOUNDS OF LONDON und TANGERINE DREAM klingen lässt. Scharf, feurig, heiß und unersättlich, bis Sigrid am Ende gar Roys weißen Tiger aus dem Stall lassen darf, damit sie beim nächsten Besuch im Cafe BI – ZA sich ganz den Träumereien in KRAFTWERKen hingeben können, um sich dem farbenfrohen Ambient-“Airbrush“ zu entziehen.
Wenn wir dann im <a href="https://www.youtube.com/watch?v=J_mlbrseRjM" rel="nofollow">„Trommelzwirbel“</a> noch die Kombination aus schaurig erzählter, elektronisch verfremdeter Geschichte und finsteren, aber auch fröhlichen Keyboard-Klängen sowie einem Saxofon überstanden haben, dann steht die Frage im plötzlich stillen Raum: „Was war denn das?“
Die Antwort: HAGEN VON BERGEN mit „Jetzt“ oder nie! Die Entscheidung ist klar: „Jetzt“!
FAZIT: Ein pures Elektronik-Experiment voller Soundcollagen und Klangvielfalt, dass einem in den gut 70 Minuten keinerlei Langeweile aufkommen kann, so wirr das alles manchmal auch erscheint. HAGEN VON BERGEN – der eigentlich mit bürgerlichem Namen Frank Schüßler heißt – bezeichnet seine Musik selber als elektronische Musik, die in keine Schublade passt. So ganz stimmt das nicht, denn seine Musik passt in so viele Schubladen, dass die Auswahl der richtigen unglaublich schwer fällt. Ein wahres Klang-Erlebnis der elektronischen Art.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.06.2017
Hagen von Bergen
BI-ZA Records
70:31
28.04.2009