Sie backen kommerziell kleinere Brötchen als etwa Insomnium oder Amorphis, deren Frontmann Tomi auf „I Am Become“ gastiert, doch momentan legen nur wenige finnische Bands den typischen Metal-Sound ihrer Heimat auf so anregende Weise aus wie HANGING GARDEN. Das Sextett bietet zwar jene geläufige Gegenüberstellung von Growls und heavy Riffs einer- sowie schmachtend melodischem Gesang vor ätherisch wabernden Klangflächen andererseits, schlägt aber rhythmische Haken und entwirft keine Melodien am Reißbrett.
Dennoch haftet dem Album nichts schulmeisterlich Proggiges an – im Gegenteil. Die Stücke sind ausnahmslos kompakt angelegt und nicht schwer zugänglich, aber innerhalb von fünf Minuten kann bei dieser Band eine Menge passieren. Löblich zudem bei allem klanglichen Schmelz: Die Produktion konserviert jene willkommene Rauheit, die man wohl live geboten bekommt – und für die Bühne geeignet sind die Lieder ungeachtet ihrer Kunstfertigkeit fast alle – und von der diverse Combos aus der Nachbarschaft, die zu offensichtlich auf den Zuspruch der Masse schielen, nicht viel übrigbleibt. Ergo sind HANGING GARDEN zumindest für diesen Schreiber die finnische Band der Stunde, was hoffentlich noch mehr Menschen wahrnehmen.
Da es keinen Titelsong gibt, darf man den Ausspruch „I Am Become“ als Leitsatz für das Album begreifen. „Es wimmelt in den Songs vor Betrachtungen über den Verlust anderer Menschen, Dinge oder sogar Konzepte, an denen wir gerne festhalten", sagt uns Frontmann Toni Toivonen. "Wenn jemand stirbt oder uns verlässt, bleibt man selbst nicht unberührt davon, und mit dieser Erfahrung beschäftigen wir uns auf der Scheibe.“ Den Opener nach der hermetischen Maxime ‚As Above, So Below‘ zu benennen geschieht in Anbetracht des Konzepts folglich nicht grundlos.
FAZIT: Mit ihrem fünften Album scheinen HANGING GARDEN in „ihrem“ Stil angekommen sein und heben sich ein gutes Stück weit vom Gros der finnischen Szene ab. "I Am Become" ist ein intensiver Trip, auf den man zwar alle Stereotypen, die für Metal-Finnland gelten, anwenden kann, doch die sechs Herren darauf zu beschränken wäre vermessen. Die Songs, die sie 2017 zur Debatte stellen, werden auch übers Jahresende hinaus nachklingen, ohne dass man sie willkürlich mit jenen mancher Landsleute der Musiker austauschen könnte. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/3d4ae87f5ad849cdb95f20f468d5542b" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.10.2017
Life Force / Soulfood
45:54
27.10.2017