HE IS LEGEND ist eine dieser US-Bands, die es nie so richtig über den großen Teich geschafft hat. Obwohl das Quartett stetig eingängige Melodien und starke Refrains fabriziert, scheinen die Eigenheiten des Bandsounds nicht massenkompatibel zu sein. Aber es gibt auch andere Gründe dafür, dass es nicht für den großen Sprung gereicht hat. Die Band gibt da rein gar nichts drauf, bleibt sich treu und ist 14 Jahre nach Gründung immer noch ein Geheimtipp. Man fühlt eine enge Bindung zur eigenen Fanschaft, der man nun auch die Finanzierung des neuen Albums „few“ im Crowdfunding-Modell verdankt.
Nachdem HE IS LEGEND auf den ersten beiden Alben mit Metalcore, Alternative Metal und Southern Rock experimentierten, ist seit „It Hates You“ aus 2009 ein eigenständiger Bandsound zu erkennen. Seither wird popaffiner Alternative Metal mit einem Hauch von modernem Metalcore-Feeling geboten und mit progressiven Elementen veredelt. Das genannte Drittwerk ist immer noch das stärkste Album der Bandgeschichte, weil HE IS LEGEND befreit und hart aufspielen und einige hitverdächtige Songs schreiben konnten. Nicht nur die Stimme von Frontmann Schuylar Croom sichert den Wiedererkennungswerk, mit ihrem eigenen Sound war für die Vier eigentlich der Weg zu größeren Aufgaben frei.
Bis heute ist nicht bekannt, warum sich die Band kurz nach Veröffentlichung des Albums eine Auszeit nahm, förderlich war sie in keinem Fall. Ganze fünf Jahre dauerte es bis zum Nachfolger „Heavy Fruit“, der zwar recht gut aufgenommen wurde, aber immer noch häufig übersehen wird. Zwar konnte das Album nicht ganz an das Niveau von „It Hates You“ anknüpfen, dafür haben HE IS LEGEND ihre Formel kaum verändert und ihren Bandsound weiter erforscht. Eigentlich ein Qualitätskriterium, das auch für Album Nummer fünf gelten sollte.
Wieder sind die Unterschiede zum Vorgänger minimal, aber an sich muss die Band auch gar nichts ändern. Ihre Alben sind eigensinnig wie eigenständig, eingängig wie heavy, verspielt und abwechslungsreich. Die großen Hits fehlen auch anno 2017, dafür punkten die Songs mit der Verbindung von progressiven Songstrukturen und Ohrwurm-Momenten. Härtere BIFFY CLYRO-Songs wie ‚Sand‘ oder Rockiges wie ‚Beaufort‘ treffen auf Außergewöhnliches wie ‚Fritz The Dog‘ oder sommerliche Prog Rocker wie ‚Gold Dust‘ und machen „few“ zu einem anregenden Ritt durch die Vorlieben der Band. Das Riffing ist originell, im Vergleich zu den ähnlich gelagerten PROTEST THE HERO aber weit weniger zappelig und verrückt. Wer HE IS LEGEND bislang noch nicht kannte, wird aus diesen Gründen angetan sein und Sympathiepunkte vergeben.
Wenn man sich das Album dann aber noch einmal in Gänze vor Ohren führt und mit „It Hates You“ vergleicht, wird dann doch etwas klarer, warum es für das Quartett bislang nicht für die größeren Bühnen reichte. An den meisten Songs ist nichts auszusetzen, wirklich festsetzen wollen sie sich aber auch nicht. Verkopft trifft es eigentlich nicht, vielleicht geht die Band in manchen Belangen aber doch ein wenig zu verspielt an die Sache. Manch ein Part ist zu umständlich arrangiert, ein Song wie ‚Call Ins‘ kann wiederum nur als Ruhepol gemeint sein und würde sonst zu sehr vor sich hindümpeln. Zum Schluss feuert die Band aber noch einmal aus allen Rohren und zeigt sich sowohl kauzig als auch groovig bzw. tonnenschwer. Man kann also zufrieden sein, aber es ist eben auch noch Luft nach oben da. Ob die Amis das in dieser Phase ihrer Karriere aber noch geändert bekommen, darf bezweifelt werden.
FAZIT: Mit Album Nummer fünf sind HE IS LEGEND immer noch ein Geheimtipp, dabei hat die Band ihren Sound schon lange gefunden. Das Quartett experimentiert, hält aber an seinem eigenständigen Sound im Bereich Alternative Metal mit progressiver Handschrift fest und ist deswegen ein willkommener Farbtupfer im Genreeinheitsbrei. Spielerisch sind die Amis auf einem bemerkenswerten Niveau unterwegs, was jedoch zum großen Erfolg fehlt, sind die Hits. Davon finden sich auch auf „few“ kaum welche, außerdem geht die Band ab und an eine Nummer zu umständlich ans Werk, was dem Material Energie raubt und den Fluss des Albums stört. Das Meiste ist aber im Bereich des Gutartigen angesiedelt und unterstreicht die These, dass sich Eingängigkeit und Progressivität nicht ausschließen müssen. Dafür, dass sie es auch im oftmals verpönten Alternative Metal probieren, gebührt HE IS LEGEND Respekt.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.05.2017
Matty Williams
Schuylar Croom
Adam Tanbouz; Denis Desloge
Spinefarm
43:47
21.04.2017