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Heat: Night Trouble

Stil: Hardrock

Cover: Heat: Night Trouble

Das Cover evoziert Gedanken an nächtliche Ausschweifungen, juveniles Sich-Danebenbenehmen und nicht zuletzt auch die visuelle Ästhetik der ersten beiden IRON-MAIDEN-Alben, doch stilistisch hat "Night Trouble" wenig mit dem britischen Metal-Flaggschiff gemein, auch wenn die Ära des Sounds, dem die Schöpfer frönen, quasi zur Pionierzeit der NWoBHM zu Ende geht. Klassischer Hardrock war und ist das Gebot der Stunde; nach dem Single-Vorgeschmack "Day In Day Out" erscheint mit dem dritten Album von HEAT zugleich der vorläufige Höhepunkt in der Diskografie des Quintetts, was sich anhand mehrerer Punkte belegen lässt.

Zunächst einmal wurde "Night Trouble" eher zeitgemäß statt krampfhaft auf alt getrimmt produziert, wiewohl die Verzerrung der Gitarren auf natürlicher Übersteuerung statt krasser Distortion-Pedale beruht und sich beim Hören insgesamt ein heimelig warmes Gefühl einstellt, wie es die Referenzwerke aus den Gründerjahren ebenfalls vermochten. Die Scheibe wurde in der Berliner Heimat des Fünfers produziert, der in allen Belangen - auch optisch - um ein authentisches Retro-Feeling bemüht ist, doch dieser Fetisch ufert nie in albernes "Vintage"-Gehabe aus, sondern ist nichts weniger als zweckmäßig.

So schaffen es HEAT nämlich ein Komplettpaket zu schnüren, das allerdings nicht vollständig wäre, wenn die Musik als solche nicht stimmen würde, und das tut sie aufs Haar genau. "Night Trouble" erfüllt die Erwartungen eines längst nicht mehr unerheblichen Underground-Publikums, das Kollegen wie KADAVAR in die Charts hieven mag und auch diesen Nachbarn der Bärtigen zu größerem Erfolg verhelfen könnte. Dafür spricht die im direkten Vergleich höhere Flexibilität der Gruppe, denn sie beherrscht den geradlinigen Hauruck ('Sullen Eyes') genauso souverän wie lässige Yankee-Rockismen; GRAND FUNK RAILROAD lassen beispielweise im Titelstück grüßen, wohingegen das leicht verspielte 'Hide And Seek' grob an irische Helden wie Rory Gallagher (minus Blues) oder Phil Lynott (minus harmonisiertes Gitarren-Gedudel) erinnert.

Mit dem achteinhalb Minuten dauernden 'Where Love Grows' (wie SABBATHs 'Planet Caravan' im Intro, später dann Proto-Prog inklusive Orgel) beweisen die Musiker, dass sie ungeachtet ihres erst sechsjährigen Bestehens auch in der Langform so versiert ist, als habe sie von jeher nie etwas anderes komponiert. Hiermit greifen HEAT nach jenen Sternen, die momentan vor allem die Schweden HORISONT innerhalb der Szene und darüber hinaus aufleuchten lassen.

Als Quintett zählt man einen hauptamtlichen Sänger in Person von Patrick Fülling in seinen Reihen, was den Vorteil mit sich bringt, dass dieser keiner Doppelbelastung ausgesetzt ist - etwa als Gitarrist -, worunter manche andere Genreband leidet und an Ausdruckskraft einbüßt, weil bei gleichzeitigem Einsatz von Stimme und Instrument zumindest live in der Regel eine Komponente hinanstehen muss. Hier hört man indes einen Frontmann im besten Sinn, der sich im Verhältnis zum Vorgänger „Labyrinth“ (2014) noch ein wenig verbessert hat - wie halt die ganze Band.

FAZIT: Ein bisschen psychedelisches Hippie-Flair, dazu Kniefälle vor dem Garage Rock und rüder Proto-Doom … Es gibt fast nichts, was HEAT in ihrem stilistischen Bereich nicht beherrschen und auf "Night Trouble" demonstrieren. Gebündelt wurde das Ganze in überdurchschnittlich starken Songs, die bis ins letzte Detail durchdacht wirken. Entwicklungsstand: Ende der 1970er, maximal. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/e77578bc15cc4bc780f509d8ae6c9928" width="1" height="1" alt="">

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.10.2017

Tracklist

  1. Night Trouble
  2. Burden
  3. Sullen Eyes
  4. Granny Notes
  5. Hide and Seek
  6. Where Love Grows
  7. The Kraken
  8. Divided Road
  9. 46 Miles to E

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    This Charming Man

  • Spieldauer

    46:58

  • Erscheinungsdatum

    13.10.2017

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