HELHEIM: Über 20 Jahre im Geschäft, das neunte Album am Start, das schon jetzt, da ich diese Zeilen schreibe, so viele positive Kritiken bekommen hat, dass es fast müßig ist, eine weitere zu verfassen, da man, ob man will oder nicht, ins gleiche lobende, ja begeisterte Horn blasen muss, wie anscheinend so ziemlich jeder, der das Album gehört und seine Meinung darüber kundgetan hat.
Apropos Hörner No. 1: Wie auch auf den beiden vorigen Releases finden auch auf „LandawarijaR“ die majestätischen Großtröten Verwendung.
Apropos Hörner No. 2: Auch auf die Gefahr hin, offene Türen einzutreten: Nein, dieser Viking Metal hat nichts mit Hörner-schwingenden Met-Gimlis und nichts mit AMON AMARTH zu tun, musikalisch sind da eher ENSLAVED als Referenz zu nennen, inhaltlich fällt einem naheliegenst WARDRUNA ein, befassen sich die (norwegischen) Texte doch mit alt-nordischen Runen und wie sie auch gegenwärtig noch relevant sind.
Jetzt aber zur Musik: Wie zwei Seiten einer Münze wartet „LandawarijaR“ sowohl mit einer Fülle an tollen Momenten auf, die sich auf der knappen Stunde Laufzeit in fast verschwenderischer Fülle darbieten, als auch mit durchdachten, komplexen und sich oft erst nach mehrmaligem Hören erschließenden Kompositionen.
So fügen sich die verschiedenen deliziösen Zutaten, die kalten, fließenden, eher melodischen als rhythmischen Riffs, die kurzen akustischen Interludes (z.B. „Rista blodørn“), die vielseitigen Klargesangspassagen (mal Vikingerchoral-mäßig - „Baklengs mot intet“, mal SÓLSTAFIR-haft eingängig - „LandawarijaR“), die authentisch wirkende Inkorporation der Hörner, der warme Bass, der gerade auf „YMR“ höchst gefällig auffällt, die markanten und ebenfalls vielseitigen Growls/Shreaks, die sich auch mal zu einem intensiven Deklamieren steigern können („Synir af heidindomr“), zu einem ausgesuchten Festmahl zusammen, das durchgehend mit Passion und Ernsthaftigkeit dargeboten wird.
So lassen sich die Norweger auch nicht zu verspielt proggigen Lockerungsübungen hinreißen, sondern ziehen ihr Ding fokussiert und klar artikuliert durch. Nur am Ende des finalen „Enda-dagr“, wenn sich aus den apokalyptisch-dramatisch marschierenden Riffs mit einem Mal eine psychedlich-spacerockige Gitarre erhebt, scheint sich Odins Auge ein kleines Zwinkern zu entringen.
Einen Song herauszugreifen fällt schwer, besonders gelungen sind vor allem (das mit Musikvideo versehene) „Baklengs mot intet“, „Rista blodørn“ und das epische „LandawarijaR“.
Um noch ein Haar in der Suppe gefunden zu haben: Allgemein muss man feststellen, dass die zweite Hälfte des Albums, nach genanntem „LandawarijaR“, ein wenig schwächer ausfällt als die erste: Zwar halten auch „Ouroboros“, „Synir af heidindomr“ und „Enda-dagr“ das Niveau ihrer Vorgänger, bringen aber nicht genug Neues mit, um ebenso spannend zu sein. So ist es zwar einerseits erfreulich, ein Album mit derart großzügiger Spielzeit serviert zu bekommen, andererseits bietet die letzte Viertelstunde ein etwas weniger intensives und unterhaltendes Hörerlebnis, sodass sie vielleicht besser in einem Song komprimiert worden wäre.
FAZIT: Ein hervorragendes Viking-Metal Album, facettenreich, mit Tiefe, ernsthaft und ernstzunehmend.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.02.2017
Vgandr
Vgandr, Hgrimnir
Hgrimnir, Noralf
Hrymr
Gastsänger: William Hut, Morten Egeland, Pehr Skjoldhammer, Bjornar E Nilsen, Ottorpedo
Dark Essence Records
55:13
20.02.2017