Im Schatten der progressiven Kontinentalkollegen von KARNIVOOL und CALIGULA’S HORSE haben sich HEMINA inzwischen zu ihrem dritten Album gemausert. „Venus“ beinhaltet Hartes wie Zartes und macht im eigenständigen Charakter der Band auch die Unterschiede zu Erstgenannten deutlich.
Fast achtzig Minuten Konzeptalbum sind schon mal eine Ansage und per se ein ambitioniertes Unterfangen. Nach spätestens zwei vollen Durchläufen stellt sich allerdings unweigerlich die Frage, ob an der einen oder anderen Stelle nicht auch der Rotstift hätte rigider angesetzt werden dürfen, ohne dass all zu viel Substanz verloren gegangen wäre. Substanz, das meint in diesem Falle insbesondere den unter allen vier Bandmitgliedern (!) fast gleichberechtigt verteilten Gesang, tightes Riffing und lange Solopassagen. Dabei profitiert der Vierer aus Sydney unweigerlich von der absolut fetten Produktion, die „Venus“ im klaren, druckvollen Soundgewand des modernen Prog Metal daher kommen lässt. Nichtsdestotrotz sind einige Soli einfach sehr lang geraten bzw bedienen das bei den frühen DREAM THEATER schon grenzwertige Bäumchen-wechsel-dich, so dass einige Parts recht deutlich als Füllmaterial angesehen werden dürfen. Mit „Expect the Unexpected“ gibt es mindestens einen textlichen („I’m feeling sticky, so be my glue“) wie musikalischen (einfach reinhören) Totalausfall, der insbesondere an zweiter Stelle des Albums absolut nichts verloren hat. Romantischer Prog Metal hat eben noch nie so richtig funktioniert.
Die Grundzutaten für ein gut ankommendes Album sind dennoch allemal vorhanden: die Rhythmusfraktion hämmert sich gemeinsam mit Stopptanz-Gitarren durch mitunter aufsehenerregende Grooves („High Kite Ride“), die Gesangsleistung (mit o.g. Ausnahme) sind durchgängig engagiert vorgetragen und die Instrumentalarbeit tadellos. Ein bisschen cheesy ist die ganze Sache einfach; angefangen beim verunglückten Artwork und endend bei klebrigen Synth-Sounds (höre „Dream State of Mind“), die dunkle Erinnerungen an nicht besonders musikalische Jahrzehnte wecken. Und auch wenn die ewigen Vergleiche mit den prägenden Landsleuten nerven: insbesondere KARNIVOOL haben sich in ähnlichem Kontext einfach mehr getraut, mehr Eigenes gewagt.
FAZIT: Mit “Venus” legen HEMINA ein Drittwerk vor, das Fans von REDEMPTION, FATES WARNING und Co zweifellos gefallen wird. Wenn die Band zukünftig im Songwriting etwas mehr zum Punkt agieren und die Arrangements auch der Laktose-intoleranten Hörerschaft (Cheese!) öffnen würde, können sich die Etablierten warm anziehen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.10.2017
Eigenpressung/Just for Kicks
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18.11.2016