Beginnen wir die Review zum zweiten IF-Album, das voller Retro-Liebe im remasterten 180g-Vinyl-Format von Repertoire Records wiederveröffentlicht wird, doch einfach mit unserem zu IF‘s Debüt-Album gezogenen Fazit. Denn auch für ihr zweites, noch im gleichen Jahr (1970) erschienenes Album gilt ein ähnliches FAZIT, welches am Ende sogar noch etwas euphorischer ausfällt: „Mit ‚If‘ von IF aus England haben Repertoire Records sich für ihre absolut hochwertigen LP-Veröffentlichungen wieder einen besonderen Leckerbissen ausgesucht. Das IF-Debüt aus dem Jahr 1970 bietet großartigen, progressiv ausgerichteten, funkigen Jazz-Rock mit viel Gebläse (Saxofone und Flöten), der in ähnlicher Art CHICAGO und BLOOD, SWEAT & TEARS in Amerika Riesenerfolge bescherte. Wie‘s scheint waren die Engländer für diese Art Jazz-Rock 1970 noch nicht reif genug. An der musikalischen Qualität, die IF auf ihrem Debüt boten, konnte es jedenfalls nicht liegen!“
Nach „If“ - das heutzutage gern mit einer zusätzlichen „1“ versehen wird - folgt nun „If 2“ und weist neben all den Qualitäten des Debüts der englischen Brass-Jazz-Rock-Band noch ein paar Besonderheiten auf, über die in einem Artikel, den ich leider nicht mehr genau zuordnden kann, weil er ausgeschnitten vor mir liegt, der Redakteur M.Sa. feststellte: „Warum zum Beispiel tönen Alt-Hippies und Taxifahrer im 40. Semester heute noch kurz vor Sperrstunde am Tresen von den großen Zeiten von BLOOD, SWEAT & TEARS und CHICAGO, ohne den Namen IF auch nur zu erwähnen? […] IF gehörten um die Wende der 70er Jahre zu den größten Zukunftshoffnungen der an kreativer Erschöpfung leidenden progressiven Rockmusik. Ihre Mischung aus rockigem Tempo und dynamischer Rhythmik, aus klar strukturierten Songs und jazzigem Spielwitz machte nie den Fehler späterer Pomp-Epigonen, sich in solistischer Selbstbeweihräucherung zu erschöpfen, sondern blieb immer auf kurzes, essentielles Format beschränkt.“
Diese beiden Sätze sowie die eine Frage bringen die Besonderheit von „If 2“ absolut auf den Punkt!
Wer dieses Album hört, fragt sich fast erschüttert, warum IF mit „If 2“, welches sogar die benannten Bands noch übertrifft, nicht für einen progressiv-jazzrockigen Erdrutsch sorgten, sondern stattdessen ziemlich unbeachtet blieben, noch zwei weitere Alben – die ähnlich stark waren – veröffentlichten, sich 1975 auflösten und in der Versenkung verschwanden.
Saxofonist DAVE QUINCY stellte eindeutig klar: „‘If 2‘ unterschied sich vom Debüt und war zugleich die goldene Periode unserer Band-Geschichte. Man steckt so viel in sein erstes Album, dass man denkt, der Nachfolger wird daran nicht herankommen. Aber unser zweites Album war noch progressiver und wichtiger als jedes weitere Album.“
Bereits die Verteilung der Longtracks <a href="https://www.youtube.com/watch?v=HgGgXbWXgY4" rel="nofollow">„Sunday Sad“</a> und „I Couldn‘t Write And Tell You“ auf beide Seiten erwies sich als günstiger, da so ein noch besseres Wechselspiel von Hitverdächtigem und Solo-Improvisationen kräftig ausgelebt werden konnte.
Noch deutlichere Jazz-Improvisationen, die schon auf dem ersten Song „Your City Is Falling“ ausgiebig mit am Saxofon ausgelebt wurden, dem dann sogar noch ein Schlagzeug-Solo folgt, standen bei „If 2“ im Mittelpunkt.
Die Arrangements zeichneten sich durch eine unglaubliche Komplexität aus und auch die Ballade „Shadows And Echoes“, die mal wieder neben dem beeindruckenden Gesang von ausgiebigen Flöten-Passagen und einem spanischen Gitarre- und Kontrabass-Solo lebte, war absolut faszinierend.
FAZIT: „If 2“ (1970) ist ein echtes, progressives Jazz-Rock-Meisterwerk geworden – das beste IF-Musikdokument, weil es die britische Band in Vollendung präsentierte. Und diese Musik endlich wieder als von Repertoire Records großartig remasterte LP in den Händen halten und auf seinen Plattenspieler legen zu dürfen, ist einer der schönsten Musikmomente für jeden Freund richtig guten, progressiven Jazz-Rocks! Schade, dass das DICK MORRISSEY, der IF-Bandleader, nicht mehr erleben darf, da er an einem kalten Novembertag des Jahres 2000 verstarb. Seine Hinterlassenschaft für uns aber ist dieser glühend heiße, feurige Jazz-Rock allererster Güteklasse!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.04.2017
Jim Richardson
JW Hodgkinson
Terry Smith
John Mealing
Dennis Elliott
Dick Morrissey (Saxofon & Flöte), Dave Quincey (Saxofon)
Repertoire Records
36:33
31.03.2017